Das Leben kann den einzelnen Menschen hart treffen. Sei es krankheitsbedingt oder durch einen Unfall, überall lauern Gefahren, die das Leben von heute auf morgen gravierend verändern können. Das daraus resultierende Schicksal oder selbst das kleine Missgeschick entzieht im Einzelfall auf drastische Weise die Mobilität des betroffenen Menschen. Für Roland Arnold ist es seit nun bereits 25 Jahren ein hohes Bedürfnis, diesen unfreiwillig in eine körperliche Immobilität gezwungenen Menschen wieder zu einer selbstbestimmten Mobilität und sozialer Teilhabe zu verhelfen und ihnen mehr Lebensqualität zu geben.
In Pfronstetten-Aichelau auf der Schwäbischen Alb im Landkreis Reutlingen hat es sich der quirlige Unternehmer Roland Arnold seit vielen Jahren zur Aufgabe gemacht, die Lebensumstände für behinderte Menschen durch seine revolutionäre Technik zu verbessern. Die ersten Versuche in dieser Richtung machte Roland Arnold vor über 25 Jahren in der landwirtschaftlichen Garage seines Bruders. Diese bauernhöfliche Werkstatt baute er zu einem Imperium mit heute über 160 Mitarbeitern und einem internationalen Vertriebsnetz als Weltmarktführer aus. Heute sendet PARAVAN unter dem Patronat von Roland Arnolds, der seine Söhne Kevin 2020 und Luca 2024 mit in die Geschäftsleitung einbezogen hat, die Ideen und Neuentwicklungen rund um den ganzen Globus.
Unter der Regie dieses Trios entstehen heute Elektro-Rollstühle, die in mehreren Variationen gebaut werden. In enger und kooperativ gemeinschaftlicher Arbeit mit Ärzten und Therapeuten gehen die PARAVAN-Mobilitätsberater auf die Kunden mit Sensibilität und Taktgefühl ein. Dabei ist es nicht getan, nur den PARAVAN-Rollstuhl zu besitzen. In aufwändigen Prozessen wird auch das Fahrzeug des Kunden in der eigenen Kfz-Manufaktur auf die mannigfachsten Situationen und Ansprüche umgerüstet. Der erste große Schritt ist demzufolge der Umbau des jeweiligen Fahrzeugs. Dabei bleibt der von den einzelnen Herstellern zugesagte Garantieumfang erhalten. Die Rampen und Lifte werden am optimalsten Punkt zum Einfahren mit dem Rollstuhl an- bzw. eingebaut. Die diversen Schienen und Profile zur Befestigung, Verankerung und Sicherung der Rollstühle im Innenraum des Wagens müssen hier dauerhaft und absolut sicher fixiert werden.
Eine Palette von momentan neun Rollstuhl-Modellen, die den höchsten Komfort, Nutzungsbereich und Bedürfnisse der Kunden bieten, stehen zur Wahl. Beginnend bei fahrbaren Hilfsmitteln ‚zum Mitwachsen‘ für Kinder bis hin zum komfortablen Steh-Rollstuhl mit seinen biometrischen Gelenken, der in all seinen Achsen verstellbar ist und im Stehen sowohl als auch im Sitzen betrieben werden kann oder den brandneuen Offroad-Rollstuhl PR4X. Gesteuert werden die Rollstühle auf verschiedene Arten: Über das ‚Touch-System‘, wo ein Druck mit dem Finger auf die Tasten des Displays genügt. Die ‚Voice-Control‘ hört auf gesprochene Kommandos der Fahrerinnen und Fahrer. Konkurrenzlose Technik steckt im digital-elektronischen Lenksystem des ‚Space Drive‘ und beruht auf einem prozessorgesteuerten Drive-by-Wire-System, das die Befehle in einem Zeitfenster von wenigen Millisekunden an die dafür verbauten Servomotoren für Bremse, Gas und Lenkung übertragen.
Mit Lars Soutschka, dem designierten General Director der heutigen ‚Arnold Firmengruppe‘, erfährt das Unternehmen Unterstützung in jeglicher Hinsicht. Der schon bei Mercedes von 2003 bis 2010 in führender Position als Pressekollege in der DTM und der Formel 1 tätige Soutschka, verdingte sich danach zwölf Jahre lang an vorderster Front beim ADAC in München. Zudem ist er selbstständiger PR/Eventmanagement- und Sport-Vermarkter. Der im nur 25 Kilometer entfernten Kleinstädtchen Riedlingen geborene Manager wohnt noch heute dort und pendelt täglich in den Mobilitäts-Park nach Pfronstetten.
Mittlerweile geht die nächste Generation eigene unternehmerische Wege. Roland Arnolds Söhne Kevin und Luca Arnold gründeten 2021 das Startup Arnold NextG und realisieren dort die Safety-by-Wire®-Technologie von morgen. Das mehrfach redundante Zentralsteuergerät NX NextMotion ermöglicht eine ausfallsichere und individuelle Implementierung, fahrzeugplattform-unabhängig nachrüstbar und ist eine Eigenentwicklung der findigen jungen Schwaben, mittlerweile mit Straßenzulassung. Mit dem System können autonome Fahrzeugkonzepte sicher und nach den neuesten Hard- und Software- sowie Sicherheitsstandards umgesetzt werden, ebenso wie Remote-, Teleoperation- oder Platooning- Lösungen.
Die Entwicklung dieses neuen Steuergerätes ist die derzeitige Hauptaufgabe. „Der Motorsport dient uns dabei als ideales Entwicklungsumfeld, um die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Technologie unter extremen Bedingungen zu entwickeln und ist zudem ein Entwicklungsbeschleuniger“, sagt Luca Arnold, Mitgründer und Entwicklungsfahrer in Personalunion von Arnold NextG. Über den Reibungskoeffizienten zwischen der Fahrbahnoberfläche und dem Rad werden die nötigen Daten für das Lenk- und Brems-System ermittelt, werden später in die Entwicklung der hochsensiblen Steuergeräte eingehen und lassen sich plattformübergreifend in der gesamten Fahrzeugbranche integrieren.
PARAVAN im Motorsport
Nachdem von einem Rennfahrer schnelle Reaktionen in kritischen Situationen auf der Rennstrecke erwartet werden, machten sich die Drive-by-Wire Pioniere die Technik zunutze und setzten sie im Rennsport ein. Dabei zollte ihm der Deutsche Motorsport Bund DMSB höchstes Lob und ließ das System im Rennwagen ganz offiziell zu. Es kommt mittlerweile in den unterschiedlichsten Rennserien zum Einsatz: von der DTM, über die GTC Race, die ADAC GT4 Germany, das 24H-Rennen bis hin zu diversen Einsätzen bei Rallyes der DRM zum Einbau freigegeben. 60 gestandene Profi-Rennfahrer, darunter auch Markus Winkelhock, haben weltweit in umgerüsteten GT3-, GT4- und Rallyefahrzeugen mehr als 85.000 km im Renneinsatz absolviert, die rund einer Million Testkilometern auf der Straße entsprechen.
Seit vielen Jahren beteiligte sich Roland Arnold an verschiedenen Rennserien unter anderen mit den Marken Ferrari und Mercedes-Benz. Dabei ist ihm der Gran Tourismo Cup – die GTC Race – „Unsere Serie“ – so sehr ans Herz gewachsen, dass er Ende 2019 die Serie zu 60 Prozent übernahm und im Juni 2024 schlussendlich die komplette Rennserie kaufte. Für Roland Arnold ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Gefahren werden pro Rennwochenende zwei separate Rennen, zwei Qualifyings und zwei freie Trainings des ‚GT Sprint‘ sowie ein 60-Minuten-Rennen und ein Qualifying des ‚GT 60 powered by Pirelli‘. Es lag also sehr nahe, dass der PARAVAN Seniorchef im Alter von 56 Jahren seine eigene Space-Drive-Erfindung unter Rennbedingungen testen wollte. Prompt ging er selbst im Juli 2022 am Eurospeedway Lausitzring mit seinem Mercedes-AMG GT3 an den Start und wollte selbst als Fahrer seine Beurteilung des Systems mit in die Waagschale werfen. Der Rennfahrer Maximilian Buhk fuhr bereits ein Jahr davor mit einem Mercedes in der DTM.
Neben Vater und Sohn Arnold, die zusammen und nach Anspruch auf der jeweiligen befahrenen Rennstrecke im Wechsel einen Ferrari F296 GT3 oder einen Mercedes-AMG GT3 steuern, startet der smarte Amerikaner Tim Horrell, der seit einem nicht mit dem Motorsport verbundenen Unfall im Alter von 21 Jahren von der Hüfte abwärts gelähmt ist, in einem Porsche 718 Cayman GT4 RS in der ‚Clubsport-Version‘ für W&S Motorsport unterstützt von Paravan an den Start. Diesen Renn-Porsche passten die Spezialisten von der Schwäbischen Alb für die fahrerischen Ansprüche Horrells an. Tim gibt über einen Ring, der auf dem Lenkrad aufgebracht ist, Gas und verzögert den Wagen über einen Bremshebel jeweils mit der Hand. Seine Beine werden sicherheitshalber in einer speziellen Sitzschale festgehalten, um nicht bei extremen Fahrmanövern unter die Pedale zu gelangen. Und dass der gehandicapte Tim Horrell seine Sache am Renn-Volant des Cayman sehr gut macht, zeigt die Tatsache, dass er nach vier von fünf Veranstaltungen in Spa/Francorchamps (Belgien) bereits den 8. Platz in der Tabelle unter knapp zwanzig Teilnehmern erreicht hat.
Die Saison der GTC Race-Rennen in diesem Jahr endet mit der Veranstaltung am 11.-13.10.2024 auf der Eifelrennstrecke des Nürburgrings.
Eberhard Strähle