Die Bauernproteste gegen die Abschaffung der Agrardieselsubventionen haben die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht: Die bislang entwickelten Elektroantriebe lohnen sich für energieintensive Maschinen noch nicht und sind daher zu reellen Preisen noch nicht erhältlich. Zu hoch ist der Energieverbrauch. Beispielsweise werden auf den Feldern durchschnittlich 110 bis 120 Liter Diesel pro Hektar benötigt, schätzt der Verein „Information, Medien, Agrar“. Große Elektrotraktoren auf die Räder zu stellen, scheiterte bislang vor allem an der immensen Energiemenge, die benötigt wird.
Um so mehr wird daran gearbeitet, auch schwere, PS-starke Nutzfahrzeuge mit einem Elektroantrieb auszustatten, etwa auch Bagger für den Straßen- oder Bergbau. Im Agrarsektor sehen Fachleute zunächst kleine und mittelgroße Traktoren mit nicht so hoher Leistung im Dauerbetrieb im Fokus der Elektrifizierungsbemühungen.
Als Schritt in diese Richtung wird im Rheinmetall-Werk in Neckarsulm (Baden-Württemberg) ein spezielles Thermomodul entwickelt. Es folgt dem Prinzip der Luft-Wasser-Wärmepumpe wie bei einem Kühlschrank, erläutert das Unternehmen. Die Aufgabe des kompakt gebauten und mit Kältemittel befüllten Moduls ist es, die Traktionsbatterie des Fahrzeugs im richtigen Temperaturbereich zu halten, damit sie ihre optimale Leistung abgibt. Das verlängert die Reichweite.
So funktioniert es: Je nach Außentemperatur und Betriebszustand der Batterie ist das Thermomodul in der Lage, entweder zu kühlen, indem Kühlflüssigkeit über einen Wärmetauscher geleitet wird, oder zu heizen, indem andersherum Restwärme der Außenluft entzogen wird. Ein weiterer Vorteil: Auch die Temperatur in der Fahrerkabine kann auf diese Weise gesteuert werden.
Das System stellt laut Rheinmetall eine Komplettlösung dar und lässt sich für batterieelektrische wie für Brennstoffzellenfahrzeuge einsetzen. Die Hersteller könnten das Modul „problemlos“ in den Antriebsstrang ihrer Fahrzeuge integrieren.
Zur Zeit wird in Neckarsulm noch an der Marktreife gearbeitet, doch konnte bereits im vergangenen Jahr mit der Produktion einer Kleinserie begonnen werden. „Der Markt für das Thermomodul entwickelt sich zur Zeit sehr schnell“, stellt Rheinmetall fest. Das Potential sei „enorm“, das Interesse der Hersteller groß und der Kreis der interessierten Unternehmen „breit gestreut“: von Lkw- und Busherstellern über Produzenten von Baumaschinen und Traktoren bis hin zu Spezialisten für Fahrzeuge im Bergbau mit Leistungen von 750 PS und mehr. Sogar Anbieter von Elektrobooten hätten Bedarf angemeldet. Gleiches gilt auch für die für Rüstungstechnik zuständigen Rheinmetall-Gesellschaften.
Zur Zeit testen gut zwei Dutzend Firmen aus den unterschiedlichen Bereichen die Prototypen oder haben Thermomodule bereits bestellt. Nicht ohne Grund, meint man bei Rheinmetall und verweist auf die Vorteile des leisen Elektroantriebs: „Ein elektrischer Bagger dürfte gerade im innerstädtischen Bereich allemal weniger störend und somit zeitlich viel länger einsetzbar sein.“
Beate M. Glaser (kb)
Foto (Fendt): Erste Elektro-Traktoren gibt es schon, wie hier der Fendt e100 V Vario