Der tote Winkel von schweren Lastwagen, also der für Fußgänger und Radfahrer besonders gefährliche Bereich, den der Lkw-Fahrer beim Rechtsabbiegen nur sehr schwer oder gar nicht einsehen kann, ist größer als vermutet. Zusammen mit Partnern lud die Prüforganisation Dekra vierzig Schulkinder ein, die Gefahr zu ermessen.

Dafür wurde der Bereich des toten Winkels auf der rechten Seite eines Lkw mit Absperrband und Pylonen markiert. Die Kinder sollten sich neben den Lastwagen aufstellen, um zu testen, wie viele von ihnen der Fahrer im Außenspiegel sehen kann. Das Ergebnis: Der Bereich des toten Winkels ist so groß, dass alle vierzig Viertklässler „mühelos hineinpassten“, berichtet die Fachzeitung „Fernfahrer“. „Dieser Bereich neben dem Lastwagen ist die Gefahrenzone, in der sich Fußgänger und Radfahrer nicht aufhalten sollten.“

Die Dekra will die ungeschützten Verkehrsteilnehmer mit Aufklebern für das Lkw-Heck warnen, damit sie sich nicht in den Gefahrenbereich rechts neben einem Lastwagen begeben, auch wenn dort eine Lücke ist. Sicherer ist es, sich im Bereich hinter dem Lkw aufzuhalten. Denn: Oft lässt ein Lkw-Fahrer beim Halt an der Ampel einen gewissen Abstand zum Fahrbahnrand, weil er ausholen muss, um mit seinem großen Gefährt die Kurve nach rechts gut zu nehmen. Radfahrer nutzen diese „Todeszone“ gern, um dann geradeaus weiter zu fahren. Sie ahnen häufig nicht einmal, dass der Lkw-Fahrer gleich abbiegen und dann ihren Weg gefährlich kreuzen wird.

Seit Jahren gibt es zwar funktionierende Fahrerassistenzsysteme, die den Fahrer vor einem Zusammenstoß mit einem Fahrradfahrer oder Fußgänger warnen und teilweise sogar automatisch eine Notbremsung des Wagens veranlassen. Doch bis alle oder wenigstens eine große Zahl der Lastwagen einen solchen Abbiegeassistenten an Bord haben, „ist es noch ein langer Weg“, schreibt der „Fernfahrer“ – auch wenn seit Juli alle neuen Lkw und Busse mit einem solchen Abbiegeassistenten ausgestattet sein müssen. Seit April 2020 sind Lkw-Fahrer gehalten, innerorts nur mit Schrittgeschwindigkeit abzubiegen. Dennoch: „Nach unseren Schätzungen sterben jedes Jahr 30 Radfahrer bei Lkw-Abbiegeunfällen“, sagt Dekra-Unfallforscherin Stefanie Ritter. Weil Abbiegeunfälle in der offiziellen Statistik nicht gesondert erfasst werden, sind nur Schätzungen möglich.

Beate M. Glaser (kb)
Foto: Daimler Truck