Der Mediziner Dr. Ottomar Domnick regte als erster deutscher Porsche-Kunde die Abholung im Werk an.
Man schrieb das Jahr 1950. Nach den Anfängen Porsches im österreichischen Gmünd in Kärnten lief in Stuttgart-Zuffenhausen bereits die Produktion des Typs 356. Eine Verkaufsorganisation, wie man sie heute bei jedem Automobilhersteller kennt, musste auch bei Porsche erst mühsam aufgebaut und installiert werden. Gänzlich unbekannt war damals auch die persönliche Abholung des neuen Fahrzeugs im Werk. Erst in den Folgejahren wurde dieser Wunsch vieler Kunden zunehmend möglich gemacht. Der quirlige Mediziner Dr. Ottomar Domnick war der erste Kunde, der bei den Porsches darauf drängte, seinen Wagen auf diese Art und Weise zu erhalten. Sein Wunsch wurde schließlich unter der von Porsche gestellten Bedingung erfüllt, dass er danach an Pfingsten direkt nach Berlin zur damaligen Automobilausstellung fuhr, wo der Wagen mit der Seriennummer 5005 ausgestellt werden sollte.
Seinen 356er bestellte Ottomar Domnick bereits im Jahr 1949 beim Autohaus Hahn in der Schwabenmetropole Stuttgart. Firmenchef Ernst Hahn hatte damals noch nicht den Status eines Porsche-Händlers und notierte die Domnick’sche Porsche-Bestellung einfach auf einem entsprechenden Volkswagen-Formular. Der Kaufpreis des neuen Sportwagens belief sich seinerzeit auf rund 10.000 DM.
In den Tagen, als sein Porsche 356 sich noch in der Entstehungsphase befand, kam der damals 43-jährige Porsche-Fan Dr. Domnick fast täglich zur Firma Reutter, wo die Karosserie entstand, brachte laufend Änderungswünsche ein und verfolgte den baulichen Fortschritt seines Wagens mit Argusaugen. Sogar den Farbwunsch besprach er nur mit den Reutter-Leuten. Ein Umstand, der heute so gut wie undenkbar zu sein scheint.
Am 26. Mai 1950 war es dann endlich so weit und der auch als Kunstsammler bekannte Arzt bekam seinen 356er in der Farbe Grünfischsilber auf dem Freigelände des Karosseriewerks Reutter, das sich auf der gegenüber liegenden Straßenseite vom Porsche-Werk 1 befand. Bei der Übergabe waren die Porsche-Mitarbeiter Wilhelm Emmerich, der damaligen Leiter der Reparatur und später auch noch einige Jahre im Werk 1 beschäftigt, Hugo Heiner, Meister aus dem Motorenbau, sowie Herbert Linge, der vor der Zeremonie mit Dr. Domnick rund zwei Stunden auf den Straßen rund um Zuffenhausen unterwegs gewesen war und ihn in die Details und das Fahrvermögen seines neuen Wagens eingewiesen hatte. Den dazugehörenden Sekt brachte Dr. Domnick natürlich selbst mit. ‚Noblesse oblige‘ bei der Autoabholung – auch schon in den 1950er-Jahren. Selbst Firmenchef Ferry Porsche ließ es sich nicht nehmen, auf ein Gläschen Sekt und einem Smalltalk mit Dr. Domnick vorbeizuschauen.
Der Mediziner blieb dem Haus Porsche viele Jahre treu. 1967 ließ er sich eine prachtvolle Villa auf der Oberensinger Höhe in Nürtingen bauen, die einer eingeschossigen Festung aus Beton gleichkommt. Die Domnicks hatten stets das Bedürfnis, inmitten von Kunst, Gemälden und zeitgenössischen Möbeln zu wohnen.
Am 14. Juni 1989 starb der Arzt, Kunstliebhaber und vor allem Autofan Dr. Ottomar Domnick, der von sich sagte: „Mit Halbheiten konnte ich nicht leben. Zeit ist für mich ein lebenswichtiger Faktor“. Seine Gattin Greta folgte ihm zwei Jahre später nach und beide fanden in der Ostsee ihren ewigen Frieden und Ruhe. Unter einer Plastik des Künstlers Karl-Heinz Türk im großen Garten der Villa Domnick sollen die leeren Urnen der Domnicks heute untergebracht sein. Neben den vielen Gemälden und Kunstgegenständen werden auch sehr viele Dokumente, Prospekte und Briefe mit dem Haus Porsche derzeit in einer kleinen Sonderausstellung den Besuchern gezeigt.
Die Sammlung und das Vermächtnis des Dr. Ottomar Domnick und seiner Gattin Greta verwalten heute die „Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg“. Im Museum ist Vera Romeu als Leiterin für die Sammlung verantwortlich.
Text: Eberhard Strähle
Fotos: Archiv Stiftung Domnick, Archiv Porsche AG, Anja Stangl vom Staatsarchiv und Eberhard Strähle
Stiftung Domnick
Leitung: Vera Romeu
Oberensinger Höhe 4
72622 Nürtingen
Telefon: 07022 51414
Internet: www.domnick.de