Elon Musk und seine E-Auto-Marke Tesla machen derzeit keine gute Figur. Die „Gigafactory“ im brandenburgischen Grünheide bei Berlin, die einzige Fabrik des US-amerikanischen Unternehmens in Europa, kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Mehr zu den Hintergründen erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.
Die Vorwürfe lauten auf Umweltzerstörung beim Ausbau des Firmengeländes und Umweltverschmutzung durch die Produktion. Gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter, die Kritik an unzureichenden Arbeitsschutzvorkehrungen äußern, sollen gemobbt werden.
Auch auf dem US-amerikanischen Heimatmarkt hat Tesla zunehmend mit Schwierigkeiten zu tun. Die technischen Unsicherheiten mit dem automatisierten Fahrsystem „Autopilot“, das für tödliche Unfälle verantwortlich sein soll, hören nicht auf. Vollmundige Ankündigungen zum Erscheinungsdatum neuer automatisierter Fahrsysteme und sogar von neuen Fahrzeugen wie dem Elektro-Lkw Semi können wiederholt nicht eingehalten werden. Kurz nach dem – verspäteten – Verkaufsbeginn des Elektro-Pick-up „Cybertruck“ musste die komplette Flotte wegen technischer Probleme an einem Pedal zurückgerufen werden. Dadurch kam ans Licht, dass bislang deutlich weniger Exemplare des martialisch gestalteten Pick-ups verkauft wurden, als vom Konzern erhofft. Zudem wird dem Cybertruck eine hohe Anfälligkeit für Korrosion nachgesagt, weil die Karosserie ohne Farb- und Schutzlackierung auskommen muss. Der E-Pick-up wird nun zwar auch in Europa präsentiert, jedoch ohne über eine Zulassung zu verfügen.
Selbstherrlicher Führungsstil und 14.000 Entlassungen
Es werden immer wieder Äußerungen von ehemaligen Managern öffentlich, die Elon Musk, dem Chef und Eigentümer von Tesla, einen eigenwilligen und selbstherrlichen Führungsstil vorwerfen. Zuletzt sorgte Musk, dessen privates Nettovermögen auf über 200 Milliarden Dollar geschätzt wird, mit der Ankündigung von Massenentlassungen für Unruhe. Vor gut zwei Wochen hatte er die Streichung von weltweit 14.000 Arbeitsplätzen mitgeteilt, dass beträfe jede zehnte Stelle.
Nun folgt der nächste Schlag. Musk gab bekannt, die für den Aufbau des Ladenetzes für E-Autos zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahezu vollständig zu entlassen und das Team so gut wie aufzulösen. Dazu gehören 500 Beschäftigte inklusive der Chefin, Rebecca Tanucci.
Der Schritt kommt überraschend, denn die „Supercharger“-Stationen stellen eine Erfolgsgeschichte dar. Ihnen wird Schnelligkeit und Zuverlässigkeit nachgesagt, und sie sind weit verbreitet. Tesla hat sich hier einen Wettbewerbsvorteil aufgebaut, erst recht angesichts des ansonsten eher schleppenden Ausbaus der Ladestationen. Der Erfolg zeigt sich auch darin, dass sich einige Wettbewerber wie Ford, General Motors und Mercedes-Benz dem „Supercharger“ angeschlossen haben. Damit ist Tesla auf dem besten Weg, einen Standard für das Laden von E-Autos zu schaffen. Nun meint Musk aber, das Ladenetz solle weniger schnell, als bislang geplant, ausgebaut werden. Ihm zufolge komme es vielmehr auf die Ausweitung und Zuverlässigkeit der existierenden Standorte an. Eine nähere Begründung für diesen abrupten Richtungswechsel ließ der Tesla-Chef vermissen.
Elon Musk: Tesla muss ‚hardcore‘ sein
Stattdessen kündigte er ein härteres Vorgehen intern an. Mit Blick auf die von ihm vorangetriebene Reduzierung von Personal und Kosten meinte Musk, Tesla müsse absolut „hardcore“ sein. Er drohte, Führungskräfte zum Rücktritt aufzufordern, in deren Team mindestens drei Personen nicht den „Exzellenz-, Notwendigkeits- und Vertrauenswürdigkeitstest“ bestünden. Diese Ruppigkeit ist nicht neu. Bereits bei der Übernahme von Twitter, jetzt X, drangsalierte Musk die Mitarbeiter mit der Aufforderung, sie sollten erklären, „extrem hart“ arbeiten zu wollen. Wer sich dem verweigere, müsse das Unternehmen verlassen, so Musk.
Tesla hat, wie andere Autoproduzenten auch, immer noch mit den Auswirkungen der Corona Pandemie und der weltweit zunehmenden militärischen Konflikte zu tun. Folgen sind soziale Unsicherheit bei den Verbrauchern und Zurückhaltung beim Autokauf. Reine E-Auto-Hersteller trifft es besonders, da vor allem die Nachfrage nach E-Fahrzeugen merklich abkühlt. Jedoch sind Teslas Wettbewerber immer noch in der Lage, schwarze Zahlen vorzuweisen. Hingegen musste der im texanischen Austin ansässige Konzern für das erste Quartal 2024 erstmals einen Umsatzrückgang vermelden. Das Minus betrug satte neun Prozent zum Vorjahreszeitraum. Auch beim Gewinn lag Tesla mit einem Minus von 55 Prozent weit unter den Erwartungen.
Negativtrend von Tesla verfestigt sich
Es scheint sich ein Negativtrend zu verfestigen. Im April verlor Tesla in Norwegen, wo anteilsmäßig die meisten E-Autos überhaupt gekauft werden, die lange gehaltene Position als Modellmarktführer und rutschte mit dem Model Y auf Rang vier ab, hinter einem Volvo und zwei VW-Stromern. In der Bundesrepublik verkaufte Tesla im April ein Drittel weniger Autos als im gleichen Monat des Vorjahres – während der Gesamtmarkt um 20 Prozent wuchs. Mit 1.640 neuzugelassenen Autos im April beträgt Teslas Marktanteil in Deutschland nur noch 0,7 Prozent. Damit rangiert der einstige Shootingstar sogar deutlich hinter Suzuki und Mitsubishi. Über die Frage, warum es Tesla besonders hart trifft, kann derzeit nur spekuliert werden. Neben dem ruppigem Vorgehen des Chefs und den technischen Problemen mit den Modellen gibt es vermehrt Anzeichen, dass auch die Verarbeitungsqualität der Tesla-Fahrzeuge zu wünschen übrig lässt. Die einstige Euphorie von Teslas Fangemeinde mag nun der Ernüchterung weichen. Unter Analysten mehren sich jedenfalls die Stimmen, die Elon Musk und Tesla eine sehr schwierige Zukunft voraussagen.
Olaf Walther/Kristian Glaser (kb)
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