Für Motorjournalisten ist der Nürburgring normalerweise ein Arbeitsplatz. Sie stehen am Streckenrand und fotografieren, schreiben Im Pressezentrum eilig ihre Berichte und haben eigentlich nie Zeit, sich mal untereinander zu unterhalten. Da ist Klaus Ridder, Regionalkreisleiter des Verbandes der Motorjournalisten (VdM) vor vielen Jahren auf die Idee gekommen, sich unabhängig von der Arbeit am Nürburgring zu treffen, auch mit Angehörigen – die sollen ja den Arbeitsplatz auch mal kennen lernen. Daraus ist eine jahrelange Tradition entstanden, die auch vom Veranstalter der Langstreckenmeisterschaft unterstützt wird.
Herbstlaub und Sommerwetter
Im Oktober ist es oben in der Eifel oftmals schon recht kalt und Rennen finden wegen Schnee oder Eis auf der Rennpiste manchmal nicht mehr statt. Diesmal hatte die über 20 Teilnehmer des VDM-Regionalkreises West Glück, der Wettergott spielte mit und bei angenehmen sommerlichen Temperaturen und bunten Laubwäldern erlebten die über 20 Teilnehmer einen ereignisreichen Tag.
Der Tag fing schon frühmorgens in der Kulttankstelle ‚Döttinger Höhe‘ an und endete mit der Siegerehrung des letzten Langstreckenrennens der Saison 2023
Anekdoten von ‚Retti‘
Die Tankstelle ‚Döttinger Höhe‘ ist Treffpunkt vieler Fans und auch Rennfahrer. Auf TV-Bildschirmen kann man den Rennverlauf auf der Nordschleife des Nürburgrings verfolgen und auch den Sound der Rennwagen hören, die auf der anderen Seite der B258 im Streckenabschnitt ‚Döttinger Höhe‘ mit fast 300 km/h vorbeisausen, nur 40 Meter von der Tankstelle entfernt.
Die VdM‘ler wurden vom Chef Hans-Joachim Retterath (Retti‘) begrüßt und Retti hat immer ein paar Anekdoten aus seinem ereignisreichen Leben an der schönsten Rennstrecke der Welt zu erzählen.
Während er Autos betankte, das machte ja früher der Tankwart‘, hörte er auf der Rennstrecke wie ein Rennwagen ‚stotterte‘ und dann zum Stehen kam. Er rannte hinüber und erkannte Emmerson Fittipaldi, den zweifachen Weltmeister, mit seinem Lotus Formel 1. Durch Gesten gab Fittipaldi zu verstehen, dass er keinen Sprit mehr hätte. Kurzentschlossen schnappte sich Retti einen roten Kanister, füllte ihn mit Benzin und verhalf dem spritlosen Lotus wieder zum Laufen. Auch die Kamera wurde nicht vergessen, denn wer kann schon mal einen Weltmeister praktisch vor der Haustür fotografieren.
Die Bilder ließ Retti sich später bei einem Besuch eines Rennens in Amerika von Fittipaldi signieren. Sie sind heute in einem Buch, das über den kultigen Retti erschienen ist, abgebildet.
Übrigens, auch den roten Reservekanister gibt es noch, er ist im Museum ‚ringwerk‘ zu bestaunen.
Altes Fahrerlager, Boxen Startaufstellung und Rennstart
Nächster Höhepunkt war der Besuch des historischen Fahrerlagers. Hier wurden früher in Garagen die Rennwagen untergestellt und auch für das Rennen vorbereitet. An den jeweiligen Garagen sind Namen der Rennfahrer, die hier einst Siege errungen haben, auf Tafeln angebracht.
Eingangs des historichen Fahrerlagers eine Tafel aus Bronze mit dem Abbild von Rudolf Caracciola. Carracciola gewann 1927 das Eröffungsrennen auf dem Nürburgring und danach noch viele Große Preise. Der Siegerwagen aus dem Jahre 1927 konnte später noch im ringwerk, das ist das neue Museum, bestaunt werden.
Vor den Boxen an der Rennstrecke beobachteten die VdM´ler dann die Boliden, die für den Start um 12.00 Uhr vorbereitet wurden. Dann ging es in die Startaufstellung, wo sich die Rennwagen zur Einführungsrunde aufstellten. Gewinner des Qualifyings war der Nürburgring-Spezialist Frank Stippler auf einem AUDI R8 LMS GT 3 EVO II. Er stand mit seinem AUDI in Fahrtrichtung ganz rechts. Daneben der in den letzten drei Rennen siegreiche BMW M4 GT 3 mit dem Polen Jakub Giermaziak. Unter den Startern war auch der ehemalige F1-Fahrer und TV-Moderator Timo Glock, er startete aber mit seinem PS-schwächeren BMW von weit hinten. Für Timo Glock kommt es darauf an, das sogenannte Nordschleifen-Permit zu bekommen. Damit darf er dann auch beim 24h-Rennen starten.
Der fliegende Start nach einer Einführungsrunde konnte von der großen Tribüne aus beobachtet werden. Das war ein atemberaubender Lärm, zumal die Tribünenbedachung den Krach noch verstärkte. Anfahrt auf die erste Rechtkurve. Es gab Gedrängel aber keine Berührung. Stippler gewann den Start und führte auch die nächsten Runden.
Das Renngeschehen war dann erst einmal nicht ganz so wichtig, es ging in das neue Museum ‚ringwerk‘.
Viel Unterhaltung im ‚ringwerk‘
Das Museum am Nürburgring ist nicht nur ein Museum, wo Autos zu sehen sind, sondern es ist auch etwas zur Unterhaltung da. Da können Filme angeschaut werden, man kann an Simulatoren testen, ob man als Rennfahrer geeignet ist; oder auch an einem BMW F1 Radwechsel üben.
Gemeinsam wurde die Ausstellung der ‚Königin der Nordschleife‘, der 2021 an Krebs verstorbenen Sabine Schmitz, besucht. Sabine Schmitz hatte zweimal das berühmte 24h-Rennen gewonnen und war mit ihrem ‚Frikadelli Porsche‘ Liebling der Fans.
Besondere Begeisterung fand auch die Ausstellung über den 1961 tödlich verunglückten F1-Rennfahrer Graf Trips. Hier werden Pokale, Bilder usw. ausgestellt – auch sein Arbeitszimmer aus der Wasserburg Hemmersbach ist zu sehen.
Rennende im Bereich Hatzenbach
Letzter Höhepunkt war der Besuch an der Rennstrecke. Hier konnten in der ‚Sabine-Schmitz-Kurve‘ eingangs des Streckenabschnitts ‚Hatzenbach‘ die Rennwagen praktisch von oben bestaunt werden. Hier ging es in den letzten Runden noch um den Sieg. Das Duell gewann Frank Stippler mit Beifahrer Christoph Mies, weil der vorher führende BMW noch nachtanken musste und wertvolle Zeit verlor. Für Stippler war es ein Ende der Pechsträhne in dieser Saison. Sein Team hatte allein 20 Reifenschäden und beim 24h-Rennen einen Ausrutscher auf einer Öllache zu verzeichnen. Beim letzten Lauf hat es dann aber doch noch geklappt.
„Das war ein sehr emotionaler Sieg für uns“, sagte Stippler. „Wir haben ein sehr hartes Jahr gehabt. Und mit dem Ausscheiden von Phoenix-Gründer Ernst (Moser) geht eine Ära zu Ende. Daher war es uns wichtig, ihm diesen Sieg zu schenken. Ich bin seit 15 Jahren mit Phoenix leiert. Wir haben gemeinsam viele großartige Erfolge gefeiert. Ich quetsche das Auto die ganze Saison schon aus, wie eine Zitrone. Aber es ist nie belohnt worden. Daher war ich mir mit Chris (Mies) einig, dass wir heute noch einmal alles geben würden. Ich möchte mich bei allen Sportwarten der Streckensicherung und allen anderen Teilnehmern bedanken, dass wir auf der schönsten Rennstrecke der Welt eine gute Zeit verbringen. Wir müssen alle sehr dankbar sein, dass wir das hier zusammen machen können.“ Mies ergänzte: „Das war legendär, mit Stippi das Auto zu teilen und diesen Sieg für Ernst zu feiern.“
Bei der Siegerehrung wurde Ernst Moser von den Siegern Frank Stippler und Chris Mies in die Mitte genommen. Ein würdiger Abschied von Ernst Moser.
Ausblick
Die Karten hatte VdM-Mlitgied und VLN-Pressesprecher Patrik Koziolek zur Verfügung gestellt. Und weil das Treffen der VdM‘ ler am Nürburgring seit Jahren schon Tradition ist, soll im nächsten Jahr in der ersten Oktoberwoche der Nürburgring wieder besucht werden.
Hermann Laus