Truck Grand Prix auf dem Nürburgring, das ist nicht nur ein Rennen mit speziellen Renntrucks. Es ist eine große Show.
Der Anfang war ein Spaß
Ich selbst erinnere mich noch an die erste „Rennveranstaltung“ mit Trucks. Beim Eifelrennen, es war wohl 1986, hatte man die Auflieger der Sattelzugmaschinen abgesattelt und veranstaltete mit den Trucks eine Art Beschleunigungsprüfung auf der Start- und Zielgeraden. Einer der Fahrer war damals Erich Zakowski, Konstrukteur des F1-Renners ZAKSPEED. Aus diesen Anfängen ist mittlerweile eine europäische Motorsportveranstaltung unter der Schirmherrschaft der FIA (Federation International Automobile) geworden. Der Internationale ADAC Truck Grand Prix auf dem Nürburgringring wurde in diesem Jahr zum 36. Male ausgetragen.
Die Zugmaschinen entwickelten sich zu reinrassigen „Renntrucks“. Waren es anfangs ruß speiende Monster, die viele sichtbare Auspuffgase ausstießen, so kommt heute aus dem Auspuff kaum noch Ruß. Damit die Monster nicht zu schnell rasen, wurde die Geschwindigkeit auf 170 km/h begrenzt, was auch überwacht wird. Wer als zu schneller Raser erwischt wird, wird disqualifiziert oder bekommt Strafsekunden aufgebrummt. Getankt wird übrigens HVO (Bio-Diesel).
Weltpremiere: Präsentation des ersten voll-elektrischen Race-Trucks
Der Truck-Grand-Prix bot auch eine Weltpremiere in Sachen Nachhaltigkeit: IVECO und das Team Hahn Racing präsentierten mit dem IVECO E-Truck den weltweit ersten elektrisch betriebenen Race-Truck. Der neue IVECO E-Truck ist eine elektrische IVECO S-Way Sattelzugmaschine, die mit einer E-Achse von FPT Industrial ausgestattet ist. Die Achse liefert eine maximale Leistung von 840 kW. Eine volle Renndistanz auf allen europäischen Rennstrecken könnte damit absolviert werden.
„Es freut uns, dass IVECO als einer unserer langjährigen und geschätzten Partner den Nachhaltigkeitswandel auch im Motorsport vorantreibt“, sagte der Geschäftsführer der Elekrofahrzeug GmbH (ETRA) Fuchs. Und Rudi Speich, Vorsitzender des ADAC Mittelrhein e.V., hielt fest: „Der Launch des ersten vollelektrischen Renntrucks ist ein weiterer wichtiger Baustein in der Nachhaltigkeitstransformation des ADAC und der Goodyear FIA ETRC, um den Motorsport nachhaltiger zu gestalten und den CO2-Abdruck zu reduzieren.“
Bis der E-Truck Serienreife erlangt, wird es allerdings noch etwas dauern. Dazu müssen andere Hersteller nachziehen und auch im Umfeld die Voraussetzungen geschaffen werden. „Das braucht Zeit, aber die nehmen wir uns. Wir sind auf dem richtigen Weg. Und irgendwann werden wir mit elektrisch und damit nachhaltig angetriebenen Trucks geilen Motorsport erleben“, ist sich Rennfahrer Jochen Hahn sicher.
Leider war der Vorzeige-E-Truck nur im Stand zu bestaunen und nicht auf der Strecke, sah aber zumindest futuristisch aus.
Jochen Hahn gewinnt letztes Rennen
Vor bestens gefüllten Rängen sorgten die PS-Boliden für zahlreiche Spannungsmomente beim Saisonhighlight der Goodyear FIA European Truck Racing Championship. Ein Wochenende, das sportlich im Zeichen eines Mannes stand: Norbert Kiss aus Ungarn entpuppte sich in der Eifel als der Max Verstappen der Renntruck-Szene. Vier Starts, drei Siege, der MAN-Pilot dominierte nach Belieben und baute seine Führung in der EM-Gesamtwertung kontinuierlich aus.
16 Trucks waren am Start, unter den Fahrern war auch eine Lady, Stephanie Halm aus Ammerbuch. Von Beruf ist sie Verwaltungswirtin. Sie erreichte im zweiten Rennen (von vier) einen dritten Platz.
Den fulminanten Schlusspunkt in der Eifel setzte der sechsfache Europameister Jochen Hahn. Im letzten Rennen gewann der IVECO-Pilot, nachdem er fünf Runden lang den energisch, aber letztlich erfolglos kämpfenden Kiss mit all seiner Routine in Schach gehalten hatte. „Ich sag ja immer, abgerechnet wird zum Schluss“, meinte Hahn lächelnd. Ansonsten war es mit nur einem weiteren zweiten Platz ein eher durchwachsenes Heimrennen für den Truck-Piloten aus Altensteig. Lokalmatador und MAN-Pilot Sascha Lenz aus Urmitz/Rhein freute sich über zwei zweite Plätze in der Eifel und resümierte: „Wir sind rundum zufrieden. Zweimal auf dem Podium beim Rennen in der Heimat, das ist doch so schlecht nicht“, merkte Lenz augenzwinkernd an.
ADAC GT Masters
Im Rahemprogramm waren auch zwei Läufe zur Rennserie ‚ADAC GT Masters’. Insgesamt waren (nur) 16 GT3 Renner am Start Die Rennen am Samstag und Sonntag dauerten jeweils 60 Minuten und eine Runde Der Rennbeginn erfolgt mit dem „Indy-Start“. In der Einführungsrunde führte ein Race-Truck als Safety-Car die Meute an.
Sechs Events stehen im diesjährigen Kalender des ‚ADAC GT Masters‘. Fünf Doppel-Rennen finden in Deutschland, einer in Österreich statt. Am Ende der Saison sichert sich der Fahrer mit der höchsten Punktzahl den Titel „ADAC GT Masters-Meister“. Außerdem gibt es eine Team-Wertung: Junge und ehrgeizige Nachwuchspiloten unter 25 Jahren werden in der Pirelli-Junior-Wertung ausgezeichnet.
Das Fahrerfeld beim ‚ADAC GT Masters‘ besteht aus erfolgreichen Sportwagen-Assen und ambitionierten internationalen Nachwuchstalenten. Jeweils zwei Starter teilen sich ein Auto, zur Rennmitte ist ein Fahrerwechsel Pflicht. Ziel ist es, den Nachwuchs optimal zu fördern und jungen Talenten die Chance zu geben, sich in einem professionellen Umfeld weiterzuentwickeln. Die seriennahen Sportwagen müssen dem weltweit gültigen GT3-Standard entsprechen. Unter den bekannten Fahrern war der zweimalige DTM-Champion Marco Wittmann, der im ersten Rennen Vierter und im zweiten Rennen Zweiter wurde.
Musik, Messe und mehr
Der 36. Truck Grand Prix war in erster Linie ein Familienfest mit Musik, Messe und Spielmöglichkeiten für die „Kids“ und Anlaufpunkt für Berufsinteressierte, die auf dem Ring-Boulevard an den Messeständen der Spediteure und Logistiker potenzielle Arbeitgeber kennenlernten und sich über berufliche Perspektiven austauschten.
Ausgestellt wurde von der HOYER Group beispielsweise ein Gefahrgutcontainer, der zu Schulungszwecken angefertigt wurde und von innen besichtigt werden konnte. Das war schon interessant, mal in einen Tank hineinzugehen.
In der Müllenbachschleife, das ist der südliche Teil des Grand Prix Kurses, herrschte am Freitag- und Samstagabend bei den jeweiligen Musik-Acts ausgelassene Stimmung, und am Samstagabend gab es ein imposantes Feuerwerk.
Rudi Speich, Vorsitzender des Veranstalters ADAC Mittelrhein war dann auch rundum zufrieden: „Der Dreiklang aus Motorsport, Messe und Festival ist im europäischen Rennkalender einzigartig und hat an diesem Wochenende die Massen an den Nürburgring gelockt. Im Vorfeld haben wir mit 100.000 Fans gerechnet und freuen uns umso mehr, dass wir die Zuschauerzahlen am Veranstaltungswochenende um 30.000 steigern konnten. Unsere Erwartungen wurden übertroffen. Ich danke den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern sowie unseren fleißigen Helferinnen und Helfern aus dem Haupt- und Ehrenamt, die zum Erfolg des 36. Internationalen ADAC Truck Grand Prix beigetragen haben. Eine Veranstaltung solcher Größenordnung wäre ohne diese tatkräftige Unterstützung nicht realisierbar.“
Klaus Ridder