Es ist das größte Autorennen der Welt und mit 235.000 Zuschauern von Freitag bis Sonntag wurde in diesem Jahr fast ein neuer Rekord eingestellt.
Das Spektakel an und auf der schönsten Rennstrecke der Welt, die seit fast 100 Jahren durch die Eifel rund um die Nürburg führt, beginnt eigentlich schon am Tag vor Himmelfahrt mit dem „Adenauer Racing Day“ und vorher haben die Fans schon ihre Zelte, Wohnwagen, Biertheken, Grills, Musikanlagen aufgebaut. Das 24h-Rennen ist nicht nur Autorennen, sondern halt ein einwöchiges Großereignis, das selbst das berühmte 24h-Rennen von Le Mans in den Schatten stellt.
136 Rennautos am Start
136 Rennautos (weniger als sonst) lieferten sich eine 24-stündige Jagd auf der längsten und schwierigsten Rennstrecke der Welt. Bei Tag und bei Nacht zeigten die Fahrer ihr Können auf dem Nürburgring und kämpften auch oft in spektakulären Momenten mit den Wetterverhältnissen der Eifel. Wobei in diesem Jahr Wetterkapriolen ausblieben, es gab nur etwas Nebel am Sonntagmorgen.
An der Spitze lieferten sich pfeilschnelle GT3-Fahrzeuge von Audi, Mercedes, Porsche, BMW und anderen enge Duelle um den Gesamtsieg. Ebenso leidenschaftlich ging es in den einzelnen Klassen zu: Im Kampf um den jeweiligen Klassensieg gaben die Piloten in den seriennäheren Autos einen Tag und eine Nacht lang alles.
Natürlich war der Kampf um die Spitze wohl das Spannendste für die vielen Zuschauer. Und die Spannung hielt bis zur letzten Runde an, zumal der siegreiche Ferrari vom Team Frikadelli mit Teamchef Klaus Abbelen gerade mal einen Vorsprung von 27 Sekunden hatte.
Die Herausforderungen für die Fahrer auf der rund 25 km langen Strecke der legendären Nürburgring Nordschleife und Grand-Prix-Strecke waren extrem, weil für die Fahrer an der Spitze pro Runde mehrere Überholmanöver anstanden – und die waren immer wieder gefährlich und führten zu zahlreichen Unfällen.
Die Zuschauer aber auch die Fahrer erlebten über viele Tage das einzigartige Flair und die Faszination der 24 Stunden am Nürburgring.
Privat-Ferrari gewinnt
Riesenfreude bei Teamchef Klaus Abbelen (Privatrennfahrer und ehemaliger Fleischwaren fabrikant) und seinem privaten Frikadelli-Team: Die Mannschaft aus Barweiler am Nürburgring hatte auf dem neuen Ferrari 296 GT3 mit den Piloten Earl Bamber, Nick Catsburg, David Pittard und Felipe Fernadez Laser überraschend ihren ersten Sieg beim 24-h-Rennen auf dem Nürburgring gefeiert. Den zweiten Rang belegten Marco Wittmann, Scheldon van der Linde, Dries Vanthoor und Martin Maxime auf einem Rowe-BMW M4 GT3. Der letzte Podestplatz ging an den Bilstein-Mercedes, in dem sich Raffaele Marciello, Luca Stolz, Philip Ellis und Edoardo Motara abwechselten.
Im Qualifying sorgten zunächst andere für Furore, allen voran Luca Ludwig (Sohn des VdM-Mitglieds Klaus Ludwig) auf dem Ferrari 296 GT3 des Teams Racing One. Er drehte im dritten Qualifikationstraining die schnellste Runde. Im Top-Qualifying – einer Art Einzelzeitfahren – schied die Truppe allerdings im ersten Teil aus. Gemäß Reglement kann ein Fahrer nicht beide Teile des Top-Qualifyings fahren. Racing One wollte Ludwig im zweiten Abschnitt einsetzen und vertraute für die erste Runde auf einen von Ludwigs Mitstreitern. Der ist allerdings reiner Amateur und schaffte es nicht, das Auto für den letzten Durchgang zu qualifizieren.
Das Rennen wurde immer wieder durch Unfälle eingebremst, dann mussten die Rennautos langsam an der Unfallstelle vorbeifahren. Durch Unfälle schieden auch die beiden mitfavorisierten Phoenix-/Scherer Audi R8 LMS aus, die nacheinander auf derselben Ölspur ausrutschten.
Gleichwohl wurde ein neuer Rekord aufgestellt, insgesamt wurden nach 24 Stunden 162 Runden und somit zwei Runden mehr gefahren als sonst. Der Renndurchschnitt für den Siegerwagen betrug 170 km/h einschließlich aller Boxenstopps.
Emotionen und Kult
Nicht nur das Rennen war interessant, sondern eigentlich alles Drumherum. So verabschiedete sich Ernst Moser vom Rennsport. Moser hat das von ihm gegründete Phoenix-Rennteam an Scherer Sport PHX verkauft. Das Phoenix-Team hatte noch im letzten Jahr einen Doppelsieg eingefahren, diesmal aber Ausfall durch eine Ölspur und Totalverlust der beiden Audi.
Klaus Abbelen widmete den Sieg seiner vor zwei Jahren an Krebs verstorbenen Frau, der „Nürburgring-Königin“ Sabine Schmitz. Bei der Siegerehrung dabei war auch die Mutter von Sabine Schmitz, die Besitzerin des ‚Hotels am Tiergarten‘, für die auf dem Sieger-Ferrari auch mit einem Schriftzug geworben wurde.
An der Strecke war es kultig und feuchtfröhlich. Riesige Zeltburgen, einmal sogar mit Hundehütte und Hund, das Bier floss tagelang in Strömen, die Grills wurden nicht kalt und Höhepunkt war zweifellos die Einführungsrunde. Da durften die Fans auf die Rennstrecke und die Boliden fuhren im Schritttempo hautnah an ihnen vorbei.
Die RTL-Tochter NICO berichtete mehrere Tage ununterbrochen vom Renngeschehen und über alles, was sonst noch motorsportlich interessant war. Zwei Hubschrauber verfolgten das Renngeschehen von oben. So waren die Schlussrunden des siegreichen Frikadelli-Ferraris live zu verfolgen und auf dem TV-Bildschirm wurde parallel aus der On-Board-Kamera die Aufholjagd des Zweitplatzierten BMW gezeigt. Die Spannung über den Rennausgang wurde so auch den Millionen Zuschauern zuhause präsentiert.
Resümee
Endlich mal wieder Motorsport vom Allerfeinsten nach eingeschränkten Rennveranstaltungen in der Corona-Krise. Und dann noch super Wetter. Da kam Freude auf.
Text und Fotos: Klaus Ridder
Hinweis
Die VdM’ler können am 7.Oktober mit Klaus Ridder ganztägig den Nürburgring live miterleben – Kulttankstelle Döttinger Höhe – altes und neues Fahrerlager – Startaufstellung und Rennen – Besuch des Nürburgringmuseums – Siegerehrung und vieles mehr.