//Vor 70 Jahren: Borgward im Motorsport

Vor 70 Jahren: Borgward im Motorsport

Erfolge, die die Firma auch nicht retteten

Borgward, ein Name, an den man sich in der deutschen Automobilgeschichte der Nachkriegszeit gerne erinnert. Auch die Borgward Rennsportwagen mit 1,5 Liter Motoren waren vorne mit dabei. Hinzu kommen die Einsätze mit Borgward-Motoren in der Formel 2 mit der Motorsportlegende Stirling Moss.

Nach 70 Jahren erinnern sich nur noch wenige an die glorreichen Erfolge im Motorsport. Es war also an der Zeit, dass die Historiker sich der Motorsportära Borgward annahmen und zu Papier brachten, was sich damals auf den Rennstrecken der Welt mit Borgward Rennsportwagen und Borgward Rennmotoren ereignet hat. Und diese Autoren sind Kenner der Motorsportszene und haben die Borgward-Zeit teils miterlebt oder über Jahrzehnte aufgearbeitet: Bernhard Völker, Gymnasiallehrer aus Stuttgart, und der Borgward-Historiker und Verleger Peter Kunze aus Bremen.

Wenn ich diese Zeilen schreiben, muss ich auch das ehemalige VdM-Ehrenmitglied Herbert Vetter erwähnen. Aus seinem Nachlass, er war in den 50iger Jahren bei ‚Radio Bremen‘ tätig, bekam ich Bildmaterial aus der damaligen Rennsportzeit. Selbst habe ich den ersten Sieg eines Borgward Rennsportwagen 1500 RS beim Schauinsland Bergrennen vor den Toren Freiburgs 1958 miterlebt. Der Schwede Joakim Bonnier siegte. Nun aber zum Buch mit dem Titel „Borgward Rennsportwagen – Einsatz und Technik“.

Rennsportwagen ab 1952

Im August 1950 erregt eine Nachricht nicht nur in Automobil-Fachkreisen erhebliches Aufsehen. In Monthéry bei Paris hatte ein Fahrzeug mit der Bezeichnung „Borgward Hansa 1500 Typ Inka“ zwölf internationale Rekorde der Klasse F (bis 1500 cm³ Hubraum) aufgestellt. In dem Betonoval mit Steilkurven, Rundenlänge 2,5 km, hatte es über lange Distanzen – 1000 bis 5000 Meilen, 12 bis 48 Stunden – Geschwindigkeiten zwischen 144 und 172 km/h erzielt. Und das, während die Mehrheit der damals in Deutschland produzierten Autos Mühe hatte, 110 km/h zu erreichen!

Das Titelfoto wurde vom Werksfotografen Walter Richleske aufgenommen und zeigt Hans Herrmann auf Borgward 1500 RS 1958 beim Bergrennen in Ollon-Villars (CH), Repro Ridder

Borgward ist allen ein Begriff: Die Unternehmensgruppe aus Bremen, die auch die Marken Goliath und Lloyd umfasste, hat die schlimmsten Kriegsschäden überwunden und stellte neben Pkw auch Lastkraftwagen und Omnibusse her. Im Jahr 1949 wurde  der Typ Hansa 1500 auf dem Genfer Automobilsalon präsentiert, der durch seine neuartige Karosserie beeindruckte. Das war das erste Fahrzeug in Deutschland in Ponton-Form, das heißt, ohne abgesetzte Kotflügel über den Rädern. Aber „Inka“? Das hat doch wohl kaum etwas mit der faszinierenden Hochkultur in Südamerika zu tun, die im 16. Jahrhundert von den spanischen Konquistadoren vernichtet wurde? In der Tat nicht: Es ist die Abkürzung für „Ingenieur-Konstruktions-Arbeitsgemeinschaft“. Eine Gruppe von Fachleuten der ehemaligen Auto Union hatte sich aus der Sowjetischen Besatzungszone in den Westen abgesetzt und in der Nähe von Oldenburg ein selbständiges Büro für innovative Entwürfe gegründet. Einer der führenden Männer, August Momberger, fuhr 1934 neben Hans Stuck Rennen auf dem von Ferdinand Porsche konstruierten Grand-Prix-Wagen. Danach wurde er Leiter der Werksportabteilung des Auto Union-Unternehmens Wanderer.

Rennsportwagen ab 1952

Die Klasse der Rennsportwagen bis 1,5 Liter war anfangs der 50er Jahre populär: Dabei waren Veritas Rennsportwagen auf der Basis der Vorkriegs-BMW 328, da war der Porsche Spyder 550, Gordini aus Frankreich, Maserati und Osca aus Italien sowie später noch Cooper aus England und AWE/EMW aus der ehemaligen DDR. Ein komfortables Starterfeld, auch mit Grand-Prix-Fahrern der Vorkriegszeit sowie F1-Rennfahrern der 50er Jahre. Und die Borgward Rennsportwagen aus Bremen mischten in diesem internationalen Feld vorne mit. Hans-Hugo Hartmann hatte sogar bei der  berühmte PanAmericana in Mexiko als schnellster Fahrer die Ziellinie nach fünf Tagen überfahren, wurde aber wegen Zeitüberschreitung der letzten Etappe um sieben Sekunden disqualifiziert. Die Welt feierte den moralischen Sieger, aber das war nur ein Trostpflaster. Auf all diese Ereignisse gehen die Autoren Völker und Kunze im Detail ein.

Doch die Einsätze der Rennsportwagen waren teuer und belasteten das Budget der finanziell angeschlagenen Borgward-Werke schwer. Die Firma Borgward musste 1961 in Konkurs gehen, weil es keine finanzielle Hilfe vom Land Bremen  (wie bei BMW in Bayern) gab.

Hans Hermann, Rennlegende aus Stuttgart und Werksfahrer der Borgward 1957 und 1958, schreibt dazu: „Gerade weil diese Truppe so überschaubar war, ging man locker miteinander um, in einer familiären Atmosphäre, mit Scherzen und Lachen. Leider wurden die Männer der Versuchsabteilung, die für den Rennsport zuständig waren, von der Firmenleitung weit weniger unterstützt als die in Zuffenhausen bei Porsche  – und das wirkte sich natürlich aus. Aber gerade deswegen ist bemerkenswert, was sie geleistet haben, denn in ihren besten Zeiten waren die Wagen aus Bremen ihren Konkurrenten fast ebenbürtig.

Während der motorsportliche Teil des Buches vor allem von Bernhard Völker, einem exzellenten Kenner der historischen Rennsportszene, geschrieben wurde, befasst sich Peter Kunze vor allem mit der Technik. So werden die einzelnen Motoren in Wort und Bild beschrieben und die Technik der unterschiedlichen Radaufhängungen mit exzellenten Zeichnungen dargestellt.

Es macht Spaß, in dem Buch über die einmalige Geschichte der Rennsportwagen aus Bremen zu lesen. Das Buch mit 120 Seiten im Format A 4 kann für 24,95 Euro direkt beim Autor und Verleger Peter Kurze bezogen werden (pk@peterkurze.de)

Klaus Ridder