//Rudolf Caracciola wäre in diesem Jahr 120 Jahre geworden

Rudolf Caracciola wäre in diesem Jahr 120 Jahre geworden

Er war einer der erfolgreichsten deutsche Rennfahrer. Rudolf Caracciola, 1901 in Remagen geboren und 1959 in Kassel gestorben, gewann 1927 das Eröffnungsrennen auf dem Nürburgring und war dreimal Europameister, was dem heutigen Weltmeister entspricht. Doch wer kennt in Zeiten von Vettel, Hülkenberg und Schumi II noch diesen Ausnahmefahrer? Eine Erinnerung anlässlich seines 120. Geburtstages am 30. Januar.

Armut in Deutschland und insbesondere in der Eifel. Der 1. Weltkrieg war für Deutschland verloren gegangen, Reparationen mussten gezahlt werden und an den Folgen der Niederlage hatte insbesondere die Eifelregion zu leiden: Viele arbeitslose und somit arme Menschen. Man kam auf die Idee, dort oben, wo sich die höchste Erhebung der Eifel befindet (Hohe Acht 747 m) eine Berg- und Tal-Rennstrecke zu bauen, die rund um die Burgruine Nürburg führte. Das besondere an der Rennstrecke war, und das war die Idee des Adenauer Landrats Dr. Otto Creutz, dass die Rennstrecke kreuzungsfrei verlief – und nicht über öffentliche Straßen.

Das Eröffnungsrennen fand am 18. und 19. Juni 1927 statt und ddas gesamte Land nahm Anteil. Die Renndistanz betrug 339,6 km, ganze zwölf Runden mussten gefahren werden. Das Eröffnungsrennen gewann ein gewisser Rudolf Caracciola aus dem nahegelegenen Remagen am Rhein.

Eigentlich war der Siegerwagen für das Eröffnungsrennen des Nürburgrings 1927 viel zu schwer. Beim Start hatte er ein Gewicht von 2.300 kg. Der Wagen mit der Bezeichnung Mercedes S war aus einem schweren Reisewagen entstanden. Leistung 200 PS aus einem Hubraum von über fünf Litern. Der S-Wagen war im Gegensatz zu den Fahrzeugen der Konkurrenz, hier insbesondere Bugatti, viel zu schwer und sowohl Teamchef Alfred Neubauer als auch Rudolf Caracciola waren skeptisch.

Leicht zu fahren war die in weiß lackierte „deutsche Eiche“ nicht. Natürlich keine Servolenkung und auch kein synchronisiertes Getriebe und eine Renndistanz von 340 km – und das bergauf und bergab mit vielen Kurven auf dem Nürburgring.

Dabei war auch ein Beifahrer, der vielfältige Aufgaben zu erledigen hatte

  • den Fahrer bei den langen Renndistanzen bei Laune halten
  • nach hinten zu schauen, ob jemand überholen will
  • die Fahrzeugfunktionen (Motor, Getriebe, Reifen, …) im Auge zu behalten
  • Reparaturen unterwegs durchzuführen einschließlich Reifenwechsel
  • und vieles mehr.

Das Eröffnungsrennen 1927 fand teilweise bei Regen statt. Gefahren wurde sowohl die Nordschleife als auch die Südschleife, Streckenlänge insgesamt 28,3 km. Der schwere Sportwagen gewann mit Rudolf Caracciola das erste Rennen auf der legendären Rennstrecke: Die hubraumstärkeren Sportwagen waren schneller als die leichten Rennwagen. Aber Zweitschnellster war immerhin Christian Werner auf einem Mercedes Rennwagen. Durchschnitt für Caracciola 96,5 km/h und für Werner 92,57 km/h. Hier zeigte sich schon, dass Rudolf Caracciola ein Ausnahmetalent war und schnell und materialschonend fahren konnte.

Bleibt noch zu erwähnen, dass das Siegerfahrzeug, der Mercedes S, heute im Besitz von Peterhans Kern aus Neuwied ist und von dem über 80jährigen bei Oldtimerveranstaltungen auch noch gefahren wird. Wenn der Mercedes S mal nicht gefahren wird, dann steht er sicher im Nürburgring-Museum.

Beim Großen Preis von Deutschland, der nur wenige Wochen nach dem Eröffnungsrennen stattfand, fiel Caracciola jedoch aus. Aber Rudolf Caracciola sollte auf dem Nürburgring bis einschließlich 1939 noch viele Erfolge feiern.

Gastspiel bei Alfa Romeo

Obgleich der Kompressorwagen von Mercedes sehr schwer war, errang Caracciola mit diesem immer wieder fortentwickelten und leichter gemachten Rennwagen viele Siege – doch die Konkurrenz aus Italien und Frankreich schlief nicht. Alfa Romeo, aber auch Maserati und Bugatti, kamen mit leichten einsitzigen Rennwagen, die dem großen Mercedes SSKL, so hieß die letzte Entwicklungsstufe, das Siegen schwer machten. Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage war bei Mercedes in Untertürkheim kein Geld für die dringend erforderliche Neuentwicklung da und so kam es, dass Caracciola einen Vertrag bei der italienischen Marke Alfa Romeo unterschrieb. Mit einem weiß lackierten Rennwagen (weiß war die Nationalfarbe von Deutschland) hätte er den GP von Monaco gewinnen können, er überließ aber seinem Teamkollegen Nuvolari den ersten Platz, als dieser technische Probleme bekam. Den GP von Deutschland gewann Caracciola auf dem Nürburgring. Das Gastspiel bei Alfa Romeo endete 1933 mit einem schweren Unfall beim GP von Monaco und nur durch ärztliche Kunst gelang es, das verletzte Bein zu retten.

1933 schrieb Rudolf Caracciola in „DAS AUTOBUCH“

„Der Nürburgring ist eigentlich meine zweite Heimat. Ich bin ihn im Laufe der letzten 6 Jahre sicherlich einige tausend Male abgefahren. Jeder Busch und Baum ist mir bekannt, und jedes Jahr ärgere ich mich an derselben Stelle über einen Stein an einem Kurvenrand. Was ich von der Strecke halte, brauche ich daher nicht zu sagen. Vielleicht ist der Nürburgring außerdem mein Glücksrennen. Ich glaube, dass ich mit meinem neuen Alfa alle Chancen habe, denn einen viel schnelleren und zuverlässigeren Wagen wird es im Augenblick kaum geben. Aber zum Ankommen und Siegen gehört auch noch Glück, und in diesem Sinn: toi, toi, toi zum nächsten Mal!“

Ab 1934 gab es die 750 kg Formel und Mercedes stieg wieder in die Rennszene ein. Es gibt da die Geschichte, dass beim ersten Start beim Eifelrennen im Juni 1934 auf dem Nürburgring der weiß lackierte Mercedes Typ W 25 zu schwer war und Rennleiter Alfred Neubauer nachts in der Unterkunft „Am alten Forsthaus“ den Lack abkratzen ließ und so der neue Rennwagen unter 750 kg wog. Aus dem weißen Rennwagen wurde ein silberner und das ist bis heute so geblieben – die Ära der ‚Silberpfeile‘ begann.

Das Rennen ging über 342 km und wurde von Manfred v.Brauchitsch auf Mercedes gewonnen. Caracciola war noch von seinen Sturzverletzungen beim Großen Preis von Monaco gehandicapt – war aber froh, wieder für Mercedes starten zu dürfen und zu können.

Rudolf Caracciola gewann viermal den Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring, dreimal wurde er Europameister.

Während des Krieges lebte Caracciola in der Schweiz, versuchte 1946 wieder einen Start in Indianapolis (USA) – verunglückte aber im Training schwer. Gleichwohl fuhr er noch Rennen für Mercedes mit dem neuen Mercedes 300 SL Flügeltürer. Ein weiterer Unfall 1952 im Berner Bremgarten (mittlerweile war Caracciola 51 Jahre alt) brachte dann das endgültige Aus der 30jährigen Rennfahrerkarriere.

Ich sah Caracciola 1957 im Fahrerlager des Nürburgring. Es gibt ein Foto, auf dem Rudolf Caracciola ein Autogramm auf das Gipskorsett von Graf Trips schreibt. Foto und Gipskorsett sind im Hamburger PROTOTYP Museum zu sehen. Später erlebte ich ihn als Repräsentant für Mercedes in der Mercedes Niederlassung in Hannover, wo ich Kfz-Mechaniker lernte. Am 28. September 1959 starb Rudolf Caracciola an einem Leberleiden.

Die heutige Motorsportszene ist anders Wer kennt noch Rudolf Caracciola? Aber, in Remagen, dort wo Caracciola vor 120 Jahren geboren wurde, erinnert man sich noch an den großen Sohn der Stadt. Dort gibt es einen Rudolf-Caracciola-Platz und auch ein Denkmal, das an den Ausnahmefahrer erinnert – und man kann einen gekennzeichneten Stadtrundgang auf den Spuren der Familie Caracciola unternehmen. Und natürlich gibt es dort auch einen Caracciola Club, der die Erinnerung wachhält.

Klaus Ridder

Quellen:
Das Autobuch, Hans J. Stuck, Drei Masken Verlag Berlin 1933
Mein Leben als Rennfahrer, Rudolf Caracciola, Im Deutschen Verlag Berlin 1939
Archive: Dieter Doll – Bonn, Klaus Ridder – Siegburg, Mercedes Stuttgart