Bereits am 17. Juni 2020 ist Jens Kroll in Garmisch-Partenkirchen verstorben. Der Sohn des VdM-Gründungsmitgliedes Werner Kroll steht vor allem für die KROLL Presse-Taschenbücher, die lange Zeit zum Handwerkszeug jedes Motorjournalisten gehörten. Sein Sohn, Björn Kroll, würdigt seinen Lebensweg jetzt in einem Nachruf.
Aus Neugier und Leidenschaft wird Lebensleistung
Erdgeschichtliche Spuren zu erforschen, das war bereits in jungen Jahren die größte Leidenschaft von Dr. Jens M. Kroll. Nun überlässt er anderen die respektvolle Sicht auf seine eigenen Schaffenslinien. Und wie immer ist es so, dass das Ausmaß einer Lebenskraft – so auch bei Jens Kroll – sich erst im Rückblick in der ganzen Fülle darstellt.
Jens Kroll hat auf zwei Fachgebieten einen beachtlichen Fußabdruck hinterlassen, der so leicht nicht nachzuahmen ist. Als Geologe und junger Wissenschaftler hat er sich in Berlin und München seine ersten Sporen verdient. Einen großen Bekanntheitsgrad erlangte er jedoch als Verleger der renommierten KROLL Presse-Taschenbücher. Das Besondere an diesen Praxishelfern war die Zusammenstellung einer unglaublichen Datenfülle im kompakten Handformat. Was sich im Zeitalter digitaler Unbegrenzheiten so leicht anhört, war für Jens und seine Ehefrau Juliane Kroll eine Meisterleistung des akribischen Zusammentragens – wohlgemerkt beginnend noch auf analogen Karteikarten.
Der Geologe mit Sinn fürs Verlagsgeschäft
Sein Erfolg als Verlagsinhaber schien zunächst nicht vorgezeichnet. Seine erste Leidenschaft galt nämlich der Erforschung der Gesteinswelt und der Mineralogie. Bereits mit 26 Jahren hatte Jens Kroll 1968 seine Promotion (summa cum laude) in der Tasche und veröffentlichte in dieser Zeit bereits über 200 wissenschaftliche Fachbeiträge. Der Weg zur Professur schien für ihn geebnet.
Wie so oft kam es anders: Die entscheidende Frage zur Gestaltung seiner Zukunft wurde Jens von seinem Vater, dem Verleger und Oberingenieur Werner Kroll, gestellt: „Willst du mein Werk weiterführen?“ Die Antwort rang der Vater seinem Sohn noch ab, bevor er 1970 früh verstarb. Die Fußstapfen, die der Vater Werner Kroll hinterließ, waren alles andere als klein: Nicht nur als umtriebiger Erfinder hatte dieser sich einen Namen gemacht, sondern auch als Presse- und PR-Chef des Autobauers Borgward. Auch die Gründung des Verbands der Motorjournalisten (VDM) lag in seiner Hand. So gab es für den Sohn Jens erste Berührungspunkte zur Pressewelt, die er während seines Studiums ausbaute: Als junger Familienvater (seine drei Söhne waren bereits auf der Welt) verdiente er sich das nötige Geld u. a. durch Motor- und Autotests bei der Illustrierten QUICK.
Nach dem Tod des Vaters übernahm Jens zusammen mit seiner Frau ‚Julie‘ den KROLL Verlag mit damals zwei Taschenbuchprojekten. Dass die Kompakthelfer einmal diesen in Fachkreisen hochgeschätzten Stellenwert erreichen würden, hat er wohl kaum zu träumen gewagt.
Aber der Grundstein für die KROLLsche Erfolgsgeschichte war gelegt und diese wurde von Jens und Juliane Kroll mit enormer Zielstrebigkeit unternehmerisch weiterverfolgt und perfektioniert. Nach und nach weiteten sie die Taschenbuch-Fachausgaben (u. a. Taschenbuch Motorpresse, Taschenbuch Wirtschaftspresse) auf über 20 Branchen und Industriezweige systematisch aus.
Print-Datensammlung mit perfektem Branchenkonzept
Was war das Besondere am KROLLschen Kompendium? Die Pocketguides enthielten sowohl die Adressen der Fachjournalisten, Fachmedien, Agenturen, TV-Anstalten als auch der Pressestellen von Industrie, Forschung und Politik. Auch die nationalen Verbände und internationalen Top-Lobby-Organisationen fanden Eingang. Kurzum – mit einem „KROLL“ hielt man das komplette WHO IS WHO der Branche in der Hand.
Die Adressbücher finanzierten sich u. a. durch die aktive Einbeziehung und Unterstützung branchenbestimmender Großunternehmen (z. B. Aventis, Bayer, C&A, Deutsche Börse, IVECO, Lufthansa, Philips, Talanx, ZF u.v.m.). Als Sponsoren unterstützten sie die Herstellung der Bücher und konnten sich im Gegenzug darin speziell mit ihrem Unternehmen einen exklusiven Auftritt sichern. Schließlich sorgten die renommierten Firmen auch für die großflächige Verteilung der Kontakthelfer an die Zielgruppen im jährlichen oder zweijährlichen Turnus.
Die nächste Generation übernimmt das Ruder
Zur Freude von Jens Kroll und seiner Frau Juliane waren auch die drei Söhne fürs Verlagsgeschäft zu begeistern. Und so entwickelte sich mit der Aufspaltung in autarke Verlagseinheiten die KROLL Verlagsgruppe allmählich zur größten europäischen Mediendatenbank im Print- und Onlinebereich. Der Aufbau digitaler Verteilerdienste – per Web oder App – ergänzte schließlich das gedruckte Presse-Taschenbuch. Fortan unterstützte KROLL die Presse- und PR-Szene schnell und unkompliziert bei der Verteilerpflege mit neuen und aktuellen Kontaktdaten der Ansprechpartner.
Doch die Welt und ihre Märkte unterliegen dem ständigen Wandel. Mit allmählichen Veränderungen kann man Schritt halten, radikale Umbrüche einer Disruption fegen jedoch alles beiseite. Genau damit sah sich die Medienbranche im Zuge fortschreitender Digitalisierung, strenger Datenschutzbestimmungen (nach DSGVO) und einer stark veränderten Mediennutzung aber konfrontiert. Als traditionell bewährtes Medium bekam die KROLL Datensammlung diese Auswirkungen mit voller Wucht zu spüren. Mit den sich auflösenden Rahmenbedingungen, wie man sie bis dahin kannte, ging eine zunehmende Informationsüberschüttung nach dem Gießkannenprinzip, ein hoher Kostendruck und schließlich das ausbleibende finanzielle Engagement der Sponsoren einher. So entschied die Inhaberfamilie der KROLL Verlagsgruppe unter der Leitung von Dr. Jens M. Kroll, die Verlagsaktivitäten und Taschenbuchprojekte nach über 60 Jahren schrittweise herunterzufahren. Sie überließ die aufwendige Kontakt- und Verteilerpflege den Branchen nunmehr selbst und wandte sich neuen, spannenden Projekten zu.
Persönlicher Kompass neu ausgerichtet
Für Dr. Jens M. Kroll eröffnete sich nach dem Rückzug aus dem Print-Buchbereich das Tor in SEIN neues Zeitalter. Was ihm schon immer wichtig war, bekam wieder mehr Platz in seinem Leben: Er widmete sich verstärkt der Wissenschaft und begeisterte mit spannenden Vorträgen und Exkursionen Erwachsene wie Kinder. Überhaupt lag ihm zeitlebens die Natur sehr am Herzen, er liebte das Leben in den Bergen, die Pflanzen und unterstützte aktiv sein Lieblingsprojekt die „Leutascher Bergschafzucht“. Auch als Künstler und Kunstsammler war er aktiv, als begeisterter Segler und Golfer konnte er seine mentalen bzw. taktischen Fähigkeiten ausleben. Fasziniert vom Börsengeschehen entwickelte er sich auch auf diesem Gebiet zum Spezialisten – hier war sein strategisch wirtschaftliches Wissen gefragt.
Jens hat beruflich viel gewagt, angepackt und bewegt. Ohne seinen zielstrebigen ‚Biss‘ hätte er als überzeugter Wissenschaftler und Verleger seine kleinen und großen Ideen im Laufe der Jahre nicht verwirklichen können. Den großen Rückhalt seiner Frau Julie und seiner Familie wusste er als Basis seines persönlichen Erfolgskonzeptes in allen Lebensphasen zu schätzen.
Jens Kroll hinterlässt seine geliebte Frau, drei dankbare Jungs und sieben glückliche Enkel. Jedes Familienmitglied trägt ein Stück der KROLLschen Inspiration weiter.
Björn Kroll