//„For women only“  

„For women only“  

Im Rahmen des Deutschen Tourenwagen Masters – der DTM – wurde in dieser Saison eine neue Rennserie installiert. Die ‚W-Series‘ kommen samt Management und Administration aus dem Mutterland des Rennsports, aus Großbritannien. Viele Fachleute und Journalisten reden bereits im Vorfeld dieser augenscheinlich sehr attraktiven Neuerung, in der sich nur vollgasfeste Ladies behaupten dürfen, von einer bahnbrechenden Sensation im eigentlich bislang nur von den Herren der Schöpfung beherrschten Terrain des Motorsports. Als Preisgeld winken am Ende der insgesamt sechs W-Series-Rennen satte 1,5 Millionen Dollar, wovon auf das Konto der Siegerin allein 500.000 Dollar überwiesen werden. 
 
Selbstverständlich steht den rennaffinen, talentierten oder bereits im Rennsport erfahrenen Mädchen die Tür dieser Serie sehr weit offen und die ‚young lady drivers‘ sind gerne gesehen. Derzeit sind zwanzig Fahrerinnen aus aller Herren Länder, die sich letztendlich aus einer Vorauswahl durch Testfahrten auf einer Rennstrecke und auch in einem Rennsimulator, Coachings und Fitnesstest bewährten, eingeschrieben. 18 der Bewerberinnen bestreiten diese erste Saison. Aus Deutschland traut sich derzeit nur eine Frau hinter das Lenkrad das Tatuus F3 T-318 Rennboliden der W-Series, nämlich die in Belgien geborene und in Ruanda/Südafrika aufgewachsene 25-jährige Naomi Schiff.
 
Sie debütierte vor neun Jahren in der ‚South-African Formula Volkswagen‘ und wurde dabei mit sieben Punkten noch als 17. gewertet. Ein Jahr später engagierte sich die Lady mit der Löwenmähne in der ‚Bridgestone Special Open Trophy‘. Es folgten bis heute Rennen in der Formel Renault 2.0 und in der ‚Supercar Challenge SR3‘ in einem GT3 und GT4-Rennwagen. 
 
Gefahren wird in den ‚W-Series‘ mit baugleichen Rennwagen auf einem herkömmlichen Formel-III-Chassis und einem Kohlefaser-Monocoque, die vom italienischen Hersteller, der Firma Tatuus aus Concorezzo in der Nähe von Monza, gebaut und geliefert werden. Tatuus baut schon seit 1980 mit sehr großem Erfolg Rennfahrzeuge aller Art. Für den Vortrieb des Damenrenners sorgt ein 4-Zylinder-Turbomotor von Alfa Romeo mit einem Hubraum von 1,8 Litern sowie einer Leistung von rund 270 PS. Diese wird über ein sequenzielles 6-Gang-Getriebe an die mit Doppelquerlenkern ausgestattete Hinterachse des Tatuus F3 T-318 transferiert. Das Gesamtgewicht muss inklusive Fahrerin bei mindestens 672 Kilogramm liegen. Der am Cockpit integrierte Halo-Bügel zum Schutz der Rennamazonen wurde aus der Formel-1 übernommen. Sinnigerweise darf das englische Wort ‚halo‘ laut Wikipedia mit ‚Heiligenschein‘ übersetzt werden. 
 
Im Organisationsteam der Rennserie mit Ladypower befindet sich kein Geringerer als der ehemalige Formel-1-Rennfahrer David Coulthard. Der 48-jährige Brite erhielt anlässlich eines Geburtstages der englischen Queen den MBE verliehen und darf damit als ‚Member of the Order of the British Empire‘ angesprochen werden. „Für Erfolge im Motorsport braucht man Talent, Entschlossenheit und Fitness. Aber dafür muss man kein Mann sein“, erklärt David Coulthard.  
 
An einem zwei Tage dauernden Rennwochenende der W-Series werden zwei freie Trainings (à 45 Minuten) sowie am samstäglichen Renntag ein 25 Minuten dauerndes Qualifying bestritten. Das 30 Minuten + eine Runde dauernde  Rennen findet stets nach dem ersten DTM-Lauf statt, wie jetzt geschehen, am ersten Samstag im Mai. Im Motodrom von Hockenheim war es für die Jahreszeit viel zu kalt, teilweise regnerisch und bewölkt. Bei diesem Premierenrennen ging es für die jungen Damen schon voll zur Sache. Rad an Rad raste das Feld in Richtung Spitzkehre, wo die Kanadierin Megan Gilkes ihren Bremspunkt weitab von Gut und Böse legte und unter Mitnahme ihrer finnischen Rennkollegin Emma Kimilainen ins Aus rodelte. Beide Fahrerinnen schieden daraufhin aus dem Rennen. Auf Grund von weiteren Ausrutschern musste Jürgen Kastenholz mit dem Safetycar ausrücken und die Meute wieder einbremsen und zusammenführen. Nach 18 Runden kreuzte die Britin Jamie Chadwick, die auch das freie Training und das Qualifying dominierte, als die allererste W-Series-Siegerin die Ziellinie. Mrs. Chadwick ist überdies auch der Überzeugung, dass Frauen siegen können und den Automobil-Rennsport mit Männern zusammen auf dem höchsten Niveau betreiben. Mit einem Rückstand von 1,329 Sekunden wurde ihre Landsfrau Alice Powell Zweite vor der Spanierin Marta Garcia. Naomi Schiffer, unsere deutsche Hoffnung, belegte nur den 14. Rang. 
 
Text & Fotos: Eberhard Strähle / VdM
 
 
 
Ergebnis Hockenheim:
 
 1.  Jamie Chadwick (GBR)  18 Runden /  Gesamtzeit:   32:59.079 Minuten
 2.  Alice Powell (GBR)  18 Runden –  1.329 Sekunden Rückstand
 3.  Marta Garcia (ESP)  18 Runden –  1.692 Sekunden Rückstand 
 4.  Beitske Visser (NLD)  18 Runden –  3.473 Sekunden Rückstand
 5.  Sarah Moore (GBR)  18 Runden –  5.771 Sekunden Rückstand
 6.  Fabienne Wohlwend (LIE)  18 Runden –  7.049 Sekunden Rückstand
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14. Naomi Schiff (DEU)  18 Runden – 25.332 Sekunden Rückstand
 
 
Tabellenstand der W-Series nach Hockenheim:
 
  1.  Jamie Chadwick 25 Punkte
  2.  Alice Powell 18 Punkte
  3.  Marta Garcia 15 Punkte
  4.  Beitske Visser 12 Punkte
  5.  Sarah Moore 10 Punkte
  6.  Fabienne Wohlwend     8 Punkte
  7.  Miki Koyama (JPN)   6 Punkte
  8.  Tasmin Pepper (RSA)   4 Punkte
  9.  Gosia Rdest (POL)   2 Punkte
10.  Caitlin Wood (AUS)   1 Punkt
 
 
Die restlichen Termine der W-Serie 2019:
 
17.  –  18. Mai Zolder (Belgien)
  7.  –     8. Juni Misano (Italien)
  5.  –     6. Juli Norisring Nürnberg
19.  –  20. Juli Assen (Niederlande)
10.  –  11. AugustBrands Hatch (GB)