Der Regionalkreis West besuchte die Produktionshallen des Sprinter im Düsseldorfer Norden
Einst wurden im Düsseldorfer Norden DKW-Autos gefertigt, nunmehr sind es Sprinter der Marke-Mercedes Benz. Hohe Präzision ist heute gefragt und davon konnten sich die Mitglieder des Regionalkreises (RK) West während eines zweistündigen Rundgangs überzeugen.
Es war nicht einfach, Parkplätze zu finden, weil das Werk sich nicht mehr ausdehnen kann, rings um das sieben Hektar große Gelände befinden sich heute Wohnhäuser, Büros und ein Einkaufszentrum. Man geht deshalb mit den Werkshallen in die Höhe und fertigt in mehreren Etagen. Gleichwohl, auf kleinster Grundfläche werden heute über 700 Sprinter täglich gefertigt, gearbeitet wird in drei Schichten von Sonntagabend 22.00 Uhr bis Freitagabend um 22.00 Uhr. Im Werk Düsseldorf werden alle geschlossenen Varianten des Mercedes-Benz Transporters Sprinter produziert. Rund 6.500 hochqualifizierte Mitarbeiter tragen dafür Sorge, dass täglich etwa 740 Fahrzeuge vom Band laufen!
97.000 Tonnen Stahl pro Jahr
Die Besichtigung begann mit einer kurzen Präsentation über das Werk. Dann hatten die Mitglieder des RK West mit Gästen die Möglichkeit den Rohbau der Aufbauten zu besichtigen, indem über 770 Industrieroboter gemeinsam mit 1150 Mitarbeitern dafür Sorge tragen, dass über 97.500 Tonnen Stahlblech pro Jahr verarbeitet werden und daraus die Karosse des Mercedes-Benz Sprinters entsteht.
Rohbau: Präzision auf den Tausendstel vom Millimeter
Basis jedes Fahrzeugs ist der Rohbau der Karosserie. In Düsseldorf ist er aufgrund der begrenzten Ausdehnungsfähigkeit des Werks mit seiner Innenstadtlage in zwei Stockwerke gegliedert. Mit unterschiedlichen Schweiß-, Löt- und Klebeverfahren werden die angelieferten Blechteile zu einer Karosserie verbunden. Im Durchschnitt hat jeder Sprinter 7650 Schweißpunkte. Die Arbeit im Rohbau teilen sich 1150 Mitarbeiter mit mehr als 500 Robotern – rund 80 Prozent des Rohbaus sind automatisiert. Gefertigt wird auf den Tausendstel Millimeter. Am Ende jeder Produktionslinie und auch schon während der Produktion finden unterschiedliche Qualitätsprüfungen statt. Was die strengen Anforderungen nicht erfüllt, wird verschrottet oder für Testzwecke benutzt.
Die Vielfalt im Rohbau des Sprinter ist beeindruckend: Unterschiedliche Längen, Höhen, Türanordnungen, Gewichtsklassen sowie Links- und Rechtslenker summieren sich auf weit über 1000 Grundkombinationsmöglichkeiten – und alles geschieht in einer computergesteuerten ‚Bandstraße‘.
Lackierung: von Emu-Federn und haarfeinen Lackschichten
Für die Besichtigung der Lackierei bestand für die RK-Mitglieder leider keine Möglichkeit. Aber, der Prozess wurde beschrieben: Mit zehn Vorbehandlungsstationen und einem enorm komplexen Lackauftrag wird die Karosserie jedes Transporters aus Düsseldorf perfekt gegen Korrosion geschützt. Der Vorbehandlung ist ein so genannter Bodywasher vorgelagert: Die komplette Karosserie wird in dieser Station außen durch rotierende Spritzräder und innen durch Sprüheinrichtungen gereinigt.
Die Lackierung selbst setzt sich aus der Zink-Phosphatierung, der kataphoretischen Tauchlackierung (KTL), der Füllerschicht und dem Decklack zusammen. Alle Schichten sind insgesamt 80 Tausendstel Millimeter dick und damit haarfein. Im Durchschnitt trägt jeder Sprinter 17,4 kg Decklack, die lackierte Oberfläche beträgt rund 95 m². Im Angebot sind über 300 Farben und Farbtöne.
Montage: 197 Stationen, bis zu 14 000 Teile zur Auswahl
Zum Abschluss der Besichtigung ging es in die Montagehalle. Auch sie ist im Werk Düsseldorf aus Platzgründen über drei Etagen angelegt. Hier sind 2400 Mitarbeiter beschäftigt. In 197 Takten komplettieren sie das Fahrzeug. Für jeden Transporter gibt es rund 14 000 mögliche Teile. Die benötigten Komponenten sequenzgerecht vorzuhalten und anzuliefern ist eine logistische Meisterleistung. Zu den eindrucksvollsten Stationen gehört das Scheibenklebezentrum und hier verweilten die Besucher einige Zeit und waren erstaunt, es ist die weltweit größte Anlage ihrer Art. Hier setzen Roboter mit höchster Präzision alle Scheiben der unterschiedlichen Fahrzeugtypen ein.
Anschließend konnte die ‚Verlobung‘ der Sprinter besichtigt werden, dort wo die obere Karosserie auf den Unterbau gesetzt wird und wo beide Teile verschraubt und die Türen eingesetzt werden. Die sogenannte ‚Hochzeit‘, bei der die Aufbauten mit den Antriebsmodulen zusammenkommen, war keine Besichtigung möglich, weil in dem Bereich eine Umstellung auf E-Fahrzeuge erfolgt. Fertigstellung wohl im Herbst 2019.
Fertigstellung mit erstmaligem Motorlauf
Wenn alles montiert ist, erfolgt eine abschließende Kontrolle und die Motoren laufen erstmals – aber dazu war für die Besucher wegen der begonnenen 30minütigen Mittagspause keine Zeit mehr. Erst danach rollen die Transporter aus dem Werk Düsseldorf zur Abholung auf ihre Versandplätze. Der Abtransport erfolgt per Lkw sowie per Bahn. Rund 310 Lkw und elf Bahnwaggons verlassen das Werk Düsseldorf täglich mit neuen Transportern. 80 Lkw davon fahren zu Häfen, von denen aus ein bis zwei Binnenschiffe pro Woche mit Transportern ablegen. Etwa 600 Lieferanten steuern Material und Komponenten bei. Der Materialfluss beläuft sich auf rund 280 Lkw mit 2850 t Material pro Tag. Wesentliche Aggregate für den Sprinter kommen aus den Werken des Konzerns: Motoren aus Berlin, Mannheim, Stuttgart und Kölleda, Hinterachsen aus Kassel, Getriebe aus Gaggenau. Düsseldorf ist ein reines Montagewerk.
Resümee
Die 25 Besucher des Regionalkreises West waren überrascht, was auf der kleinen Fläche von sieben Hektar täglich inmitten städtischer Bebauung gefertigt wird. Die Besucher waren insbesondere über die hohe Präzision begeistert und zu allerletzt auch darüber erstaunt, dass Mercedes-Benz derzeit eine Bestellung von 20 000 Sprintern für den US-Konzern amazon fertigt.
Klaus Ridder
Fotos: Mercedes-Benz