Auf der Messe Retro Classics gibt es neben kostspieligen Oldtimern, rasanten Sportwagen und erschwinglichen Youngtimern auch eine erkleckliche Anzahl an alten Lkw, Omnibussen und Traktoren zu sehen. Dass das Interesse an den Helfern der Wirtschaftswunderjahre nicht versiegt, dafür sorgten in diesem Jahr wieder einmal Daimler Trucks, Dr. Konrad Auwärter und die Bulldog- und Schlepperfreunde Württemberg.
Daimler stellte seine Ausstellung unter das Motto „100 Jahre Güterfernverkehr“. Begonnen hat die Ära 1919 mit dem Benz 1CN. Der 1,0- bis 1,5-Tonner Typ 1C (mit 35 PS starkem 4,7 Liter Motor) wurde ab 1917 noch drei Jahre gebaut, ab 1921 dann zum Typ 1CN weiterentwickelt und bis zur Fusion mit Daimler im Jahr 1926 gefertigt (im Aufmacherbild vorne).
Das Rückgrat des Wirtschaftswunders in den fünfziger Jahren war der Typ L 311, von dem im Werk Mannheim fast 146.000 Einheiten produziert wurden. Im Jahr 1958 kommt der dreiachsige LP 333, auch Tausendfüßler genannt, auf den Markt. Er verhilft dem Frontlenkerprinzip zum Durchbruch.
Der Typ LP 333, Tausendfüßler genannt
Der LP 1519 mit seiner modernen kubischen Form war eines der ersten Lkw aus dem nagelneuen Werk Wörth in 1963. Und er war fortschrittlich: Es war der erste Lkw mit einer Zweileitungs-EG-Bremsanlage, statt der früheren Einleitungsbremse. Die NG (Neue Generation) und der SK (Schwere Klasse) aus den siebziger Jahren sind vielen noch präsent. Und wer erinnert sich nicht an die Fernsehserie „Auf Achse“, in der neben Manfred Krug ein blau-weißer Mercedes-Benz NG-Truck die Hauptrolle spielt. Mit dem Actros begann dann 1996 auf der IAA Nutzfahrzeuge die Ära der aktuellen Mercedes Schwer-Lkw. Seit letztem Jahr ist die bereits vierte Generation auf dem Markt.
Die SK genannte Baureihe ist vielen noch präsent, dahinter der aktuelle Actros
Wer sich einen Überblick über die Entwicklung des Omnibusses machen will, kommt an dem Sammler Dr. Konrad Auwärter nicht vorbei. Der Spross der Auwärter-Familie, die bis zum Jahr 2001 die Neoplan-Busse baute, hat eine beträchtliche Sammlung verschiedener Busse. Und es sind nicht nur Neoplan-Fahrzeuge, die er präsentiert, sondern auch Busse von Mercedes-Benz oder Renault. Besonders beachtenswert sind auch immer wieder die Sammlung Schweizer Omnibusse, die das Straßenbild der Pässe bei den Eidgenossen prägten. Wer Auwärters Sammlung komplett sehen will, muss nach Pilsting (zwischen Landshut und Deggendorf) pilgern. Dort hat Auwärter seinen Bussen ein ganzes Museum gewidmet. Und wer einen Oldtimer-Bus mieten möchte, kann auch das bei Auwärter tun.
So war man in den späten 50er und 60er Jahren unterwegs: im Mercedes und im Neoplan
Schöne Hauber-Busse für die Schweizer Straßen
Einblicke in das Landleben der vergangenen Jahrzehnte geben alljährlich auf der Retro Classics die Bulldog- und Schlepperfreunde Württemberg. Mit ihren sehenswerten Traktoren, wie Lanz, Fendt, Porsche und Kramer, sowie zahlreichen Landmaschinen vermitteln sie das bäuerliche Leben. Besonders reizvoll: Mehrmals am Tag wird die eine oder andere Maschine auch mal angeworfen. Dann wird es kurz mal richtig laut in der Halle.
Wer kennt nicht den stampfenden Klang der Lanzbulldogs?
Spannend war auch die Aktion der Kesselflicker. 15 Auszubildende der Firma Kessel AG aus Lenting bei Ingolstadt restaurieren einen alten Omnibus von Mercedes-Benz (O302). Ihren Ehrgeiz zeigten sie mit großem Engagement auf der Messe – ein tolles Projekt für angehende Metallverarbeiter.
Live-Restaurierung auf der Retro Classics in Stuttgart
(bic)
Fotos: Werner Bicker