//Hans Herrmann – 90 Jahre jung

Hans Herrmann – 90 Jahre jung

Man nennt ihn auch „Hans im Glück“, denn in der Zeit, als der „rasende Konditor“, wie man ihn auch nannte, Rennen fuhr, verunglückten jedes Jahr bis zu vier Formel 1-Rennfahrer tödlich. Hans Herrmann überlebte. Er wird Ende Februar 90 Jahre ‚jung‘. Klaus Ridder erinnert sich an viele Begegnungen.
 
1954 kam Mercedes zurück in die Formel 1 und es gab gleich einen Doppelsieg in der französischen Champagner-Metropole Reims. Der legendäre Argentinier J.M.Fangio (5 x Weltmeister) gewann vor dem Deutschen Karl Kling und Hans Herrmann, gerade mal 26 Jahre alt, fuhr die schnellste Runde. Deutschland, noch gebeutelt vom 2. Weltkrieg, jubelte, zumal am selben Tag die Mannschaft mit Fritz Walter auch noch Fußball-Weltmeister wurde. Ich war damals 13 Jahre alt und wollte unbedingt Rennfahrer werden (was später mein Vater nicht zuließ – man wurde erst mit 21 volljährig).
 
1956 sah ich Hans Herrmann erstmals persönlich auf dem Nürburgring. Er fuhr in der damals auch von F1-Fahrern besetzten 1,5 Liter Sportwagenklasse einen Porsche Spyder und gewann. Ich bekam ein Autogramm und bin heute noch stolz darauf.
 
Als Rennfan erlebte ich weitere Rennen mit Hans Herrmann, so 
 
  • 1957 GP von Deutschland (Maserati F1)
  • 1958 GP von Deutschland (Maserati F1 und Borgward 1,5)
  • 1958 Großer Bergpreis von Deutschland (Borgward 1,5)
  • 1958 1.000 km Rennen Nürburgring (Porsche)
  • 1960 GP der Solitude (Porsche F2)
  • 1961 GP der Niederlande (Porsche F1)
  • 1962 1.000 km Rennen Nürburgring (Porsche 718 WRS)
  • 1968 1.000 km-Rennen Nürburgring (Porsche 907)
  • 1969 1.000 km Rennen Nürburgring (Porsche 908/2)
  • 1970 1.000 km Rennen Nürburgring (Porsche 908/3)

und natürlich viele Oldtimer-Veranstaltungen, wo Hans Herrmann mit historischen Fahrzeugen am Start war.

Hans Herrmann war (fast) immer vorne mit dabei – bis zu seinem Sieg 1970 beim 24h-Rennen von Le Mans. Danach zog er sich vom Rennsport zurück und fuhr bei historischen Rennsportveranstaltungen Rennfahrzeuge aus seiner früheren Zeit (überwiegend Mercedes F1 oder Porsche F1). Bei den vielen Starts bei den 1.000 km Rennen erreichte Hans Herrmann immer wieder Podestplätze – aber einen Sieg gab es nicht!
 
Der Mensch
90 Jahre alt und dabei noch so fit zu sein – das ist schon beneidenswert. „Natürlich bin ich mit dem eigenen Auto zur Essener Techno Klassica gekommen“, so der Altstar.
 
Auf dem Stand von Conny Constantin, wo gerade das neueste Portrait von Hans Hermann ausgestellt wurde, gemalt von russischen Künstler aus St. Petersburg, wurden Nachdrucke des Bildes signiert. Einer der Käufer Heinz Rosier aus Fröndenberg, ein begeisterter Herrmann-Fan. Fotos mit Bild, Künstler und Hans Herrmann, alle sind zufrieden – und Hans Herrmann freut sich, dass er im Mittelpunkt steht.
 
Begeistert berichtet er von einem Zusammentreffen mit Sebastian Vettel. „Das ist ein super Typ“, so Hans Herrmann über den 60 Jahre jüngeren Ausnahmefahrer. Dazwischen liegen ja Welten, wenn man bedenkt, dass man 1954 noch mit einem Polo-Hemd und einem offenen Sturzhelm fuhr und heute allein die Sicherheitskleidung mehr an die eines Astronauten erinnert. Heute überleben Rennfahrer spektakuläre Stürze und früher endeten diese fast immer tödlich.
 
Hans Hermann war Repräsentant für Mercedes – hier bei einer Veranstaltung im Mercedes-Museum
 
Ich habe von Hans Herrmann im Verlaufe von über 60Jahren mehrere Autogramme bekommen. Sie sind heute noch lesbar und ein Vergleich mit früher zeigt, dass sie sich kaum verändert haben – da sollten sich die Stars von heute mal ein Beispiel dran nehmen. Was man heute als Autogramm bekommt ist „Gekrickel“.
 
Benzingespräche
Der Abend mit Hans Herrmann und anderen Gästen war unterhaltsam und der Trollinger Wein schmeckte auch! Dabei war auch Herbert Völker, ein bekannter Motorsporthistoriker und Autor eines Buches über Hans Herrmann. Bernhard Völker hatte ich 1956 erstmals am Nürburgring kennen gelernt und später sahen wir uns bei verschiedenen Motorsportveranstaltungen.Immer dann, wenn wir bei den ‚Benzingesprächen‘ zu bestimmten Rennen kamen und Hans Herrmann auch nicht mehr wusste, ob er das Rennen gewonnen hatte, kam die Antwort: „Da müssen Sie Herrn Völker fragen“. Der Historiker Völker kannte die Rennsportzeit von Hans Herrmann besser kannte als er selbst.
 
Klaus Ridder