Im vergangenen Jahr waren auf Deutschlands Straßen spürbar mehr Todesopfer in Folge eines Verkehrsunfalls zu beklagen als 2022. Auch die Zahl der Verletzten stieg an. Das geht aus vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hervor. Demnach kamen 2023 insgesamt 2.830 Menschen im Straßenverkehr ums Leben. Das waren 42 Getötete beziehungsweise 1,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Verletzt wurden 364.900 Personen, plus 1,0 Prozent.
Die Statistiker weisen darauf hin, dass im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor Beginn der Coronapandemie, sinkende Zahlen festzustellen sind. So betrachtet, ist die Zahl der tödlich Verunglückten um 7,1 Prozent und die der Verletzten um 5,0 Prozent gesunken.
Bei näherer Analyse der Unfallstatistik für 2023 fallen erhebliche Unterschiede in der Entwicklung je nach Art der Verkehrsteilnehmer auf. So musste bei den Fußgängern ein trauriges Plus bei der Getötetenzahlen um 40 Personen oder um 12,3 Prozent festgestellt werden.
Gleichzeitig verbesserte sich aber die Situation bei den Fahrrad- und Lkw-Fahrern. Bei den Radlern sank die Zahl der tödlich Verunfallten um 36 Personen oder 7,6 Prozent, und bei den Lkw-Fahrern wurden 16 Todesopfer oder 13,3 Prozent weniger registriert.
Die Verkehrssicherheitsorganisationen sind mit der aktuellen Entwicklung alles andere als zufrieden. Kurt Bodewig, der Präsident der Deutschen Verkehrswacht (DVW), stellte fest: „Alle drei Stunden stirbt ein Mensch im Straßenverkehr; jeden Tag werden 1.000 verletzt.“ Die Situation sei „inakzeptabel“, auch wenn auf langfristige Sicht eine Verbesserung zu verzeichnen sei. Bodewig regt an, Schulungsprogramme wie die Verkehrserziehung in Kitas und Schulen auszubauen. „Besonders ungeschützte Menschen im Fuß- und Radverkehr sowie Kinder und Ältere müssen im Fokus unserer Bemühungen bleiben“, sagte Bodewig.
DVR: „Geschwindigkeit herausnehmen!“
Noch deutlichere Worte fand der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR). Die Entwicklung der Verkehrssicherheit sei „enttäuschend“, erklärte Manfred Wirsch. „Wir erleben bei der Zahl der Getöteten und der Verletzten immer noch einen Wiederanstieg seit dem Rückgang durch die Covid-Pandemie.“ In der langfristigen Perspektive stagniere die Entwicklung, von einer deutlichen Reduzierung der Zahlen um 40 Prozent innerhalb von zehn Jahren, wie von der Politik als Ziel ausgerufen, könne keine Rede sein, kritisierte Wirsch.
Prononciert ist der DVR-Präsident auch in seiner Forderung. Man müsse bei der größten Gefährdung ansetzen, so Wirsch, und das seien die Landstraßenunfälle. Insbesondere das Abkommen von der Fahrbahn oder Kollisionen beim Überholen hätten immer wieder schwerwiegende Konsequenzen. Wirsch hebt hervor, daß der Anteil der auf einer Landstraße tödlich Verunglückten seit vielen Jahren 60 Prozent der Gesamtzahl aller Verkehrstoten ausmacht. Es sei an der Zeit, meint der DVR-Präsident, „dass wir die zentrale Stellschraube für mehr Sicherheit anfassen und die heißt: Geschwindigkeit rausnehmen.“
Konkret fordert der DVR-Präsident ein Herabsenken des Tempolimits auf engen Landstraßen von 100 km/h auf 80 km/h. Für autobahnähnliche Abschnitte soll dagegen weiterhin Tempo 100 gelten. Wirschs Argument: Teile des Landstraßennetzes seien nicht für 100 km/h geeignet. Eine geringere Höchstgeschwindigkeit sei eine einfach umzusetzende Maßnahme, „die sofort Menschenleben retten würde“, erwartet der DVR-Präsident.
Kristian Glaser (kb)
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